Mittwoch, 16. Dezember 2009

Ein Dom für den Don

Ein reuiger Mafioso, der mich beschuldigen wollte, mich, den Cavaliere! Ich wäre von der Mafia unterstützt worden, nur deshalb hätte ich soviel Geld, nur drum meine politische Position! Alles eine Lüge, ruft Silvio aufgeregt durch sein Telefonino, ich bin doch ein guter Junge! Ma certo, Onkel Silvio, beruhige ich ihn, sicher bist du ein anständiger Mensch, das weiss ich und 30 Prozent aller Italiener. Aber warum nur diese hinterhältige Wurf-Attacke mit diesem gefährlichen Mailänder-Souvenir-Dom mitten ins Gesicht, fragt Don Silvio traurig. Ich bin ratlos. Der Täter, Massimo Tartaglia, hat sich inzwischen entschuldigt. Einen Brief hat er geschrieben. Darin seine feige und unkontrollierte Tat bereut. Der 42jährige Tartaglia, der noch zu Hause bei Mama lebt und sich manchmal fragt, woher wohl seine psychischen Probleme kommen und wie er sie lösen könnte. Mit einem Domwurf vielleicht? Und jetzt sitzt er im Gefängnis. Silvio schüttelt den Kopf: Hab ich doch eher damit gerechnet, dass ich einen Pferdekopf in meinem Bett vorfinde und, statt zu Tode zu erschrecken, hätte ich gesagt, oh, meine liebe Veronica, du bist zu mir zurückgekehrt! Silvio lacht und es zischt ein wenig dabei, seine verloren gegangenen Zähne hinterlassen gemeine Luftlöcher, die gebrochene Nase pfeift unglücklich dazu. Etwas Ruhe, hat mir mein Arzt verordnet, etwas Botox und ein neues Facelifting, aber das bleibt unter uns, und dann werde ich im neuen Jahr frisch auferstehen. Ma certo, Onkel Silvio, sag ich, aber da hat er das Telefonino bereits aufgehängt.

Freitag, 11. Dezember 2009

Des Tigers Woods

Es ist mitten in der Nacht, um genau zu sein 2 Uhr 36, als eine aufgelöste Elin Nordegren beim mir anruft. Jeden Tag kommen neue Stories ans Tageslicht, heult sie laut, inzwischen sind es elf Frauen, die mit ihm... Das Dutzend bringt der Tiger sicher auch noch voll, denk ich mir und versuch Elin ein wenig zu trösten. Schau mal, beginn ich, weshalb steckt einer mitten im Verkehr mit einem verbeulten Volkswagen, wenn er zu Hause einen schnittigen Ferrari in der Garage stehen hat? Wir haben doch gar keinen Ferrari in der Garage, antwortet sie irritiert, dort steht nur ein verbeulter Gelände-Cadillac, ein Geschenk von Chrysler. Für Werbefahrten in einen Hydranten? Siehst du, sag ich, diese Geländewagen sind eben doch nicht Gelände-tauglich, mit einem Subaru wäre das bestimmt nicht passiert. Und niemand ausser dir und deiner Mutter wüsste von Tigers abwegigen Geschichten, spreche ich weiter. Elin schluchzt. Aber siehs doch nicht so schwarz, rat ich ihr, die Sponsoren sind weiterhin da, Nike zum Beispiel, dessen ‚Just do it’ auch einfach zu passend ist. Und bei Gillette darf sich Tiger mit ausgewählten Gespielinnen wie der Rachel Uchitel, der Holly Sampson und der Jamie Jungers zum Beispiel abbilden lassen und für „Mach 3 Turbo“ werben. Scharf, schärfer, am schärfsten. Sie wolle bei ihm bleiben, gesteht mir Elin leise, sie sei selbst ein Scheidungskind und könne dasselbe ihren Kindern nicht antun. Ja, ja, stimm ich bei, und denk, die paar Millionen, die er bis anhin mit seinen Freundinnen verlocht hat, die sind doch nichts im Vergleich zu den Millionen, die er ihr bietet, dass sie bei ihm bleibt. Ich leg das Telefon beruhigt zur Seite und schlafe wieder ein.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Die männlichen Minarette

Ja, aber Julia, sage ich zu der Onken, als sie sich bei uns an einer Teetasse festklammert, 4000 Mails an Frauen verschicken, sie darin auffordern, ein Ja in die Urne zu legen, der Anti-Minarett-Initiative zuzustimmen, da kannst du ja gerade so nur eine Beitrittserklärung der SVP anhängen. Julia Onken nickt stumm. Und jetzt wunderst du dich, dass Gerüchte kursieren, du und der Schlüer, ihr hättet unter der Bettdecke gemeinsame Strategien aufgebaut, red ich weiter. Stimmt, pflichtet mir Onken bei, Minarette sind männliche Machtsymbole und Moscheen sind Männerhäuser, Burkas etwas für unterdrückte Frauen oder sag mir eine, die so ein Ganzkörpertuch freiwillig trägt? Ich denke an meine zugewonnenen Kilos in den letzten Tagen und an mein Spiegelbild von heute morgen, ja, also eine wüsste ich schon. Dann die Türkin mit ihren Einkaufstüten, fährt Julia fort, zwei Meter hinter ihrem Ehemann her laufend, so ein Bild kränkt mich zutiefst, so dass ich am liebsten zu ihr hingehen und rufen würde, hallo, wir sind in einem Land mit Gleichberechtigung von Mann und Frau! Von Mann und Frau, überleg ich kurz, was sagen die Männer, welche zwei Meter hinter ihren Frauen laufen, um diverse Einkaufstaschen von Agent Provocateur, Bally bis hin zu Jimmy Choo ihre Frauen nachtragen müssen? Du siehst den Sinn der Sache nicht, schimpft mich Julia, den Minarett-Baustopp haben wir nun gewonnen. Der nächste Schritt ist das Burka-Verbot, eine totale Verschleierung, das muss verboten werden, zumindest, wenn damit die Ausübung des Berufs behindert, erklärt Julia abschliessend und verlässt unser Haus. Sie habe eben noch ein Date. Vor der Tür wartet der Schlüer. Beide winken mir kurz zu. Velokurier, ruf ich noch fragend hinterher, wenns da den Schleier in die Speichen zieht, ist das eine Behinderung? Aber das hören sie bereits nicht mehr...

Donnerstag, 26. November 2009

Polanski am Fuss gefesselt!

Das ist jetzt natürlich alles streng geheim, vertraut mir Ueli Maurer an. Angehörige seiner Armee werden Roman Polanski die Fussfessel umlegen, ihn nach Gstaad bringen und in sein Häuschen verbannen. Ein paar Soldaten warten im Garten, dies jedoch nur pro forma. Polanski bewegt sich schliesslich in seinem Chalet als freier Mann, kann machen, was, wo und mit wem er will. Selbst Carli Hirschmann könnte er einladen, auch in Gstaad kein unbeschriebenes Blatt, lacht Ueli. Die Kontrolle seiner Schritte überwacht Kollega Widmer-Schlumpf eigenhändig, ein GPS am Fussgelenk demzufolge unnötig. Die 20 Franken pro Tag ans Messgerät zahlt Polanski übrigens aus eigenem Sack. Chapeau. Das würde nicht jeder machen. Und zudem hat er sich verpflichtet, seine Ausweispapiere bei der Kantonspolizei Zürich zu deponieren, die Fluchtgefahr sozusagen ausgeschlossen. Wozu denn die 4,5 Millionen Franken Kaution, frag ich. Die hat Polanskis Anwalt in meinem Departement deponiert, wird Polanski nun doch über den Gartenzaun abhaun, dann fliessen diese Millionen in mein Armeebudget. So komm ich doch noch zu zusätzlichen Geldmitteln und Christoph wird stolz auf mich sein, strahlt Ueli mich an, salutiert, steigt auf sein Velo und fährt davon.

Montag, 23. November 2009

Der Muezzin in der Kirche

Ein Skandal ist das, schimpft Ulrich Schlüer durchs Telefon, womöglich ist dieser Muezzin in dieser reformierten Kirche noch auf diese Kanzel gestiegen und hat zu diesem Gebet aufgerufen, echauffiert er sich. Er redet vom letzten Samstag, dem Jubiläumskonzert „850 Jahre Kirche Thalwil“, ein katholischer, ein reformierter und ein Jugend-Chor singen Jenkins „The armed man“ – eine Messe über Krieg und Frieden in allen Zeitaltern, Ländern und Konfessionen. Ein Muezzin erhebt mittendrin seine Stimme. Zu Gott. Und vor ausverkauften Bänken. Das Publikum ist berührt, schaurig schön seis gewesen, spricht die Gemeindepräsidentin danach. Jetzt kommen sie schon in unsre Kirchen, flüstert Schlüer mir aufgeregt ins Ohr, dabei haben wir noch nicht einmal über das Minarettbau-Verbot abgestimmt. Ja, ja, antworte ich, ein Skandal ist das. Das mit dieser Initiative. Aber da hat er schon aufgelegt.

Montag, 9. November 2009

Leuenberger ist Mister Zürich?

Leuenberger ist Mister Zürich geworden! Wow, denk ich, Bücherschreiben, Bundesratssitzungen, launige Reden halten und jetzt auch noch Mister Zürich? In seinem Alter, Respekt, Respekt. Aber dann seh ich das, nein, ein Bild eines Mannes: Mike Leuenberger! 27jährig, aus dem Zürcher Oberland, kaufmännischer Angestellter und Bademeister, er hat die Wahl zu Recht gewonnen. Drei Aargauer chancenlos hinter sich gelassen. Mit seiner langhaarigen Mähne, dem wachen Blick, der Highlander unter den Kandidaten – es kann nur einen geben! Bescheiden winkt Leuenberger ab, nein, er ist Mister Zürich geworden, weil die Zürcher keinen Aargauer wollten. Ach so. Darum spielt es auch keine Rolle, dass er die Zürcher Regierungskandidaten Ernst Stocker und Daniel Jositsch nicht kennt. Nein, wirklich nicht. Und dass Wahlen stattfinden, das weiss er auch nicht, schliesslich hat er doch darüber gar nichts gelesen. Oh, oh. Jetzt aber, nichts lesen und trotzdem das Ticket zur Mister-Schweiz-Wahl 2010 in den Händen halten? Auch das schon gehabt. Die Diskussion zum Minarettverbot hat er mitbekommen. Super, das sagt uns, dass er wenigstens hören kann. Jedoch will er sich dazu nicht äussern. Guter Entscheid.

Samstag, 7. November 2009

Carli, der Hirsch, ist wieder auf Pirsch

Zu Unrecht sitzt Carli in Untersuchungshaft, hat mir Raquel Marquard schon vor fünf Jahren gesagt (damals hiess sie ja noch Lehmann und man kannte sie eigentlich nur aus dem Ackermann-Versandhauskatalog – sie war Model für Küchenschürzen und Wollstrümpfe, aber das bleibt jetzt unter uns). Carli ist zu jener Zeit mit Lehmanns Töchterchen Bianca (vierzehn jährig war sie da, das gute Kind) zusammen gewesen. Beide haben später glaubhaft versichert, dass sie nur in Deutschland zusammen geschlafen haben. Schlafen allein ist auch in der Schweiz keine Straftat, drum wurde das Verfahren „Sex mit einer Minderjährigen“ eingestellt. Und Carli ist wieder bei uns gewesen, Tag und Nacht, spricht Raquel weiter. Als Bianca neunzehn wurde, ist sie dem Carli zu gross geworden und er hat Schluss gemacht. Natürlich bleiben sie beste Freunde und Carli darf weiterhin bei Marquards im Turm zu Sankt Moritz feiern, Tag und Nacht, das haben Raquel und Jürg ihm so versprochen. Wir haben ihn gern, strahlt Raquel das Lächeln einer fast Sechzehnjährigen. Die vielen Botox-Spritzen und Liftings verhelfen ihr einfach zu einem mädchenhaften Aussehen. Noch ein, zwei Injektiönli oder Operatiönli und du gehst als Biancas Tochter durch, warn ich sie. Sie lächelt, ja, vielleicht hat das den Carli ein wenig verwirrt. Er habe sie auch nicht sofort erkannt, auf seinen Video-Überwachungsbildern. Kameras, die sonst eine Paris Hilton, Bar Rafaeli oder Tara Reid festhalten. Zwei Bodyguards haben sie in seinen dunklen Platinum Room im Saint Germain gebracht. Dann habe er gelächelt, der Carli und die Tür hinter ihr abgeschlossen. Und, was habt ihr zwei in diesem Darkroom gemacht, will ich wissen. Sie schürzt ihre vollen Lippen und säuselt: Unser Geheimnis, aber soviel verrat ich dir, zu Unrecht ist er auch diesmal in Haft und Jürg hat sofort eine Kaution gestellt. 500'000 Franken. Wir haben ihn eben gern, unsren Carli.

Montag, 2. November 2009

Miss Handicap

Es gibt eine Miss Schweiz, eine Miss Ostschweiz, eine Miss Zürich und eine von Bern, eine Miss Bodensee, eine Miss Tuning. Eine Miss Sixty, eine Miss Marple und eine Miss Issippi. Seit Samstag haben wir nun eine Miss Handicap. Corinne Parrat, schön und jung. Und spielt Golf. Ah, nein, das ist gar nicht ihr Handicap. Sie hört nichts. Aber das sieht man nicht. Hingegen die anderen attraktiven Frauen, die an der Miss Handicap-Wahl teilnahmen, waren offensichtlich handicapiert. An den Rollstuhl gebunden oder – gar nicht harmlos – armlos. Wieso hat denn nicht eine von denen gewonnen, frag ich. Jede der tollen Frauen hat ihr Handicap, sagt mir darauf die Initiantin der Veranstaltung Michelle Zimmermann, hätte eine Rollstuhlfahrerin gewonnen, man hätte gesagt: typisch Klischee! Und dazu brauchen wir diese Wahl nicht. Stimmt. Da hat sie recht. Diese Wahl brauchts tatsächlich nicht. Schliesslich hat schon mit der diesjährigen Miss Schweiz Wahl eine Schönheit gewonnen, der man ihr Handicap nicht ansieht: Das mangelnde Allgemeinwissen...

Freitag, 30. Oktober 2009

Clooney's Kuss

Wir sitzen bei einer Tasse Filterkaffee. Da ist er eben Amerikaner, durch und durch, der George. Unter uns, das ganze Nespressozeug, das ist gut fürs Geschäft, aber privat, da mag ers lieber gefiltert. Und ihr habt euch tatsächlich geküsst, frag ich ihn. Ich wusste es ja, schliesslich hatte ich das Foto in der Zeitung gesehen. Wie die schöne Elisabetta ihren trainierten Arm um seine Schultern legt, sich zu ihm neigt, um den George innig zu küssen. Ja, gibt Clooney zu, wir mussten es zwar ein paar Mal wiederholen, bis der Paparazzo endlich abdrückte. Aber es hat sich gelohnt, die italienische Presse spricht nun nicht mehr von einem Bruder-Schwester-Verhältnis, sondern von echter Liebe, schmunzelt George. Und wie wars, will ich wissen. Oh, ganz ok, Elisabettas starke, fast maskuline Arme hatten mich im Griff, die Augen hielt ich geschlossen und dachte an Max. Da ist er aufgestanden und zur Tür hinaus. Max ist mein verstorbenes Hausschwein, ruft er mir noch lachend zu, what else!

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Amy’s Körbchen

Das Telefon klingelt schrill. Ob ich denn ihre neuen Brüste gesehen hätte, ruft Victoria Beckham aufgeregt in den Hörer. Amy Winehouse hat sich ihre Körbchengrösse von B auf D überdimensionieren lassen, unglaublich! Ihr Vater Mitch Winehouse schwärmt gar öffentlich vom fantastischen Busen seiner Tochter, das ist doch nicht normal, regt sich Vicky laut auf. Vielleicht freut er sich wirklich, geb ich zurück, immerhin war das arme Kind genug gebeutelt vom Drogenschicksal, unzähligen Tattoos auf ihrem feinen Körper, da sind doch zwei neue Brüste etwas Wunderbares, fast Unschuldiges! Ein Geschenk aus dem Chirurgenhimmel, setz ich noch obendrauf. Für das sie knapp 60'000 Dollar hat bezahlen müssen, kräht Victoria, zudem passen sie gar nicht zu ihrem Erscheinungsbild! Vielleicht hat sie einfach einen Airbag gebraucht, geb ich zurück, die Bienenstockfrisur hat sie ja dauernd aus dem Gleichgewicht gehauen, so fällt sie zumindest etwas weicher. Vierzig Kilo Körpergewicht, dünne Beine und nun so riesige Brüste, wer will schon so aussehen, fragt mich Victoria leicht gereizt. Stimmt, denk ich mir, und grad wos mir einfällt, wer der Amy von der Statur her sehr ähnlich sieht, hat Victoria bereits aufgelegt.

Dienstag, 13. Oktober 2009

Polansiks viele Stimmen

Was haben wir doch in den letzten Tagen nicht alles gehört und gelesen, was mit dem armen Künstler passiert ist, fast jeder und jede hat sich sich zur Affäre geäussert. Einen Roman könnte man darüber schreiben. Den Polanski Roman.
Die Liste seiner Unterstützer ist lang. Und prominent. Rolf Lyssy, der Schweizermacher-Macher, ist von Romans Unschuld überzeugt. Hat er doch die Polanski-Autobiografie gelesen und weiss daher, dass das damalige Verbrechen an diesem dreizehnjährigen Mädchen eher eine verdrehte Geschichte ist, in der Polanski am Ende beinahe verführt wurde. Das Opfer der Täter? So wie der Gärtner immer der Mörder ist? Bevor er zum Bock wurde? Ein dreizehnjähriges Mädchen soll auch nicht allein in einem fremden Haus mit einem fremden Mann in einem fremden Whirpool sitzen, es soll nicht Champagner trinken und auch keine Drogen nehmen. Das kann nicht gut gehen. Aber deswegen von einem Schwerstverbrechen sprechen? Nein, findet Herr Lyssy, ein Schwerstverbrechen ist vielleicht Mord. Und schon sind wir wieder beim Gärtner, dem Bock. Der Zeitpunkt von Polanskis Verhaftung ist willkürlich, klönt Daniel Binswanger, der grosse Schreiber (zirka zwei Meter) im Magazin des Tagesanzeigers, Willkür ist das Gegenteil von Rechtsstaatlichkeit, die Verhaftung mithin verwerflich. Von mangelndem Feingefühl spricht unsre Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Roger de Weck schielt auf das amerikanische Rechtsverständnis, die Ungleichbehandlung von Angeklagten sei enorm, die US-Justiz wenig Vertrauen einflössend, vom Strafvollzug ganz zu schweigen. Man dürfe drum den Roman diesem Schurkenstaat nicht ausliefern. Und Alt-Bundesrat Christoph Blocher beanstandet das Verhalten seiner Nachfolgerin Eveline Widmer-Schlumpf. In einer Kosten-Nutzen-Rechnung zahle die Schweiz nur drauf, wettert Blocher, der Imageschaden ist im Ausland viel zu gross, folglich hätte er ihn selbst vor der Einreise gewarnt, um die Verhaftung zu vermeiden. Fragt sich der Bürger, ob er sich in seiner verkürzten Amtszeit öfters so aktiv um das Image der Schweiz gesorgt hat? Jedoch diese Rechtspraxis wird von seiner Nachfolgerin nicht befolgt. Schliesslich, stellt Widmer-Schlumpf fest, gelte das Gesetz für jeden gleich. Der Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger will nichts von einer Vorzugsbehandlung für Polanski wissen, diese Dinge müssen behandelt werden wie bei jedem anderen, redet er mit sonorer Stimme. Steve Lopez, ein amerikanischer Journalist, hat sich die Mühe gemacht, die „Gerichtsakten Polanski“ aus den Siebziegerjahren in Los Angeles zu studieren. Je länger er las, desto zorniger ist er geworden. Vielleicht auch, weil er selbst Vater einer Tochter ist. Wie Bänz Friedli, der Migros-Hausmann: Ein Kinderschänder ist ein Kinderschänder ist ein Kinderschänder. Und Marco Rima: Wer vergewaltigt, gehört in den Knast!
Alle haben sie also etwas dazu gesagt. Prominent und weniger. In Funk und Fernsehen und Zeitungen. Nur mich hat niemand gefragt...

Sonntag, 13. September 2009

Nadine at home

Natürlich denke sie jetzt nicht an eine Rückkehr in die Schweiz, gesteht Nadine Vinzens, erst müsse sie noch intensiv an ihrer amerikanischen Schauspielkarriere arbeiten. Wir sitzen an unsrem Küchentisch, Nadine knabbert an einem Rüebli. Seit sie damals fürs Schweizer Fernsehen mit ein paar anderen Swiss-Promis um das „Goldene Rüebli“ kochte, hat sie die Karotte für sich entdeckt. Gesund, günstig und vor allem kalorienarm. Dabei war sie schon schlank bei der Miss Schweiz Wahl im Jahr 2002. Das Krönchen setzte man ihr damals nicht auf den Kopf, sondern man stülpte es ihr über und zog es um ihre Taille fest. Dieses Siegerfoto ging um die Welt, sorgte selbst im magerwahnsinnigen Hollywood für Aufsehen und öffnete Nadine ein Türchen nach Los Angeles. Kurz nach ihrer Ankunft heiratete sie dort einen Punk-Rock-Gitarristen. Jedoch die Ehe ging bald in die Brüche. Ich habe sie noch gewarnt: Überlegs dir gut, ob du Neshawn Hubbard heiraten willst, sein Name ist sehr, sehr schwierig auszusprechen! Doch, doch, wir lieben uns, hat sie gesagt. Nach nur drei Jahren hat ers nicht mehr ertragen, dass sie ihn immer und immer wieder falsch angesprochen hat. Wir haben uns getrennt, lächelt Nadine tapfer, trotzdem bleib ich weiterhin in L.A und arbeite intensiv an meiner Schauspielkarriere.“ Nur nicht aufgeben. Und so durfte Nadine in einem Musikvideo von Britney Spears als Britney Spears-Double mitmachen. Sie spielte eine von dutzenden Doppelgängerinnen, die eine Horde Paparazzi von der echten Britney ablenken sollen. „Das war extrem schwierig. Wir trugen alle blonde Perücken, sexy Kleidchen und mussten wild herumtanzen“, erklärt mir Nadine. Auf diese schauspielerische Meisterleistung hin wurde sie für CSI New York entdeckt. Darin durfte sie eine Prostituierte mimen, die leicht bekleidet auf der Flucht vor Verbrechern ist. Ohne umgebracht zu werden, not easy, präzisiert Nadine. Gar den Text habe sie gut gekonnt, sie musste einfach ganz, ganz laut schreien. Aber im richtigen Moment, strahlt sie mich an. Auch das ein weiterer Schritt in ihrer amerikanischen Schauspielkarriere. Kurz darauf machte sie in einem Werbeclip-Wettbewerb für die Steuererklärungsfirma Taxslayer mit: Eine, die sich auszog, das Fürchten zu lernen. Geschauspielert wars gut, nur hat sie mit ihrem Grisons-English an der Zielgruppe vorbei gesprochen. Die 25 000 Dollar Gewinnsumme somit nicht an sie. Inzwischen klopfte ein neuer Auftrag an: Ein hüllenloses Geräkel im „Girls Gone Wild“-Magazin. Das gehört einem Freund von mir, klärt sie mich auf, daher hab ich gewusst, auf was ich mich einlasse. Ein gewisses Interesse an ihr zeige inzwischen sogar der Playboy. Apropos, ihre neue Liebe, das hat sie nicht nur mir, sondern der ganzen Schweiz verraten, ist ein Gärtner. Ein gutaussehender Gärtner. Der in Wirklichkeit ein berühmter Schauspieler ist. Liiert ist vielleicht ein wenig übertrieben, gesteht sie, ich kenn ihn aus Desperate Houswifes, wir sind uns über den Weg gelaufen, wie das halt so üblich ist in Hollywood, und sind uns äh, näher gekommen. Es ist Jesse Metcalfe! Wow, ich schlucke leer. Wieder so ein schwieriger Name, das kann ja nicht gut gehen...

Donnerstag, 10. September 2009

Kulturlabor

Es gibt ja verschiedene Arten, sich der Kunst zu nähern. Eine davon, man lässt sich von Jürg und Raquel Marquard in ihre Turmsuite des Badrutt’s Palace einladen. Um die kunstvolle Kunstmesse ART-Masters mitten in St. Moritz zu bestaunen. Einlass erhält, wer einerseits zum Jetset gehört und andrerseits eine grosse Menge Botox injiziert hat. Weil es doch eine Art Art-in-Art Ausstellung ist, gebildete vor bildender Kunst sozusagen.
Ein anderer Weg führt ins neu eröffnete Thalwiler Kulturlabor. In „Family by Thomas Ott and Peter Lüthy“ stellen zurzeit der Thalwiler Künstler Lüthy und sein Schwiegersohn Ott, der renommierte Zürcher Comic-Zeichner mit seinen wunderbar düsteren schwarz-weissen Bildern, gemeinsam aus. Ich hab mich für Letzteres entschieden, aus vier Gründen: Erstens erinnern mich Otts schaurige Portraits an den St. Moritzer Jetset, zweitens gehör ich diesem leider nicht an, drittens liegt das Kulturlabor direkt vor Ort und viertens sorgt dort ‚cultur4dinner’ für Speis und Trank. Vermutlich reichhaltiger als in St. Moritz. Sollten sich dabei ein paar Pfunde dazukultivieren, was solls. Ich werde sie als Faltenfüller einsetzen, die Botoxspritzen damit ersetzen und das dafür freigewordene Geld im Thalwiler Kulturleben umsetzen.

Freitag, 14. August 2009

Müssen Missen wissen?

Glanz und Gloria des SF 1 prüfte die Miss Schweiz Kandidatinnen. Auf Herz und Verstand. Sie mussten Schweizer Wahrzeichen benennen. Das Matterhorn zum Beispiel. Als Berg erkannt (1 Punkt), jedoch nicht wie er heisst (da war der Punkt wieder weg). Unglaublich für den Wallis-Tourismus Direktor, er hat die jungen Frauen eingeladen, damit sie sich vor Ort das Horn einprägen können. Karina Berger, die Ur-Miss, hatte ihre Mädchen verteidigt: Es war eine ungewohnte Perspektive des Matterhorns. Stimmt. So gross und von vorn...
Das Bundeshaus als wichtiges Gebäude gesehen (plus 1 Punkt), eine Kirche vielleicht (minus 1 Punkt). Hans Rudolf Merz ein Bundesrat (1 Punkt), der Kleine aus dem Appenzell (2 Punkte), als Christoph Blocher demaskiert (2 Punkte weg). Das Genferwappen als Schweizer Wappen (1 Punkt), dem Kanton Bern zugedacht (adieu 1 Punkt). Der Vierwaldstättersee als See vermutet (1/2 Punkt). André Reithebuch als Mister Schweiz sammelte für alle Punkte. Und auch die Murmeltiere wurden richtig identifiziert. Die putzigen Tiere (plus 1 Punkt), die so lustige Geräusche machen: oink, oink (minus 1 Punkt). Daraufhin hat der Tourismusdirektor von Graubünden eine Einladung an die jungen Frauen geschickt: sie dürfen sich eine Woche lang auf dem Murmelpfad im Avers auspfeifen lassen!

Mittwoch, 25. März 2009

Mit Victoria am Berg

Ob ich den hässlichen Skianzug von Paris Hilton gesehen hätte, fragt mich Victoria. Sie hat eben angerufen. Beim Durchblättern der italienischen Gala hätte sie die Bilder von der Hilton gesehen. In weisser Daunen-Kapuzenjacke mit Pelz, vermutlich nicht mal Echthaar, und einer weissen, viel zu grossen Hose. „Billig“, kommentiert sie. Aber das habe sie auf die Idee gebracht, ebenfalls Ski zu fahren. „Ich muss Sport treiben. Seitdem ich bei David in Milano sitze, hab ich hundertfünfzig Gramm zugenommen! An der frischen Luft verbraucht man mehr Kalorien, hat man mir gesagt, drum komm ich morgen wieder mal zu dir in die Berge.“ Sie legt schnell auf. Ich überlege, ob sie wohl doch mehr Fähigkeiten besitzt, als man ihr allgemein zutraut? Woher weiss sie denn, dass wir gerade in Thusis sind? „Weil wir jedes Wochenende hier sind“, sagt mein Mann trocken und ich denk, ja vielleicht hat er recht. Tags darauf, ganz früh, rotiert es laut, ein Hubschrauber landet und danach klingelts an unsrer Tür. Unsre Kinder öffnen stürmisch. „Hey, hey Vicky, hey Vicky, hey“, rufen sie laut und Victoria tritt ein. In schwarzer Daunen-Kapuzenjacke mit vermutlich Echtpelz und einer schwarzen, viel zu engen Hose. „Seh ich nicht klasse aus“, ruft sie uns zu. Wir nicken und fahren mit ihr auf den Heinzenberg. Oben angekommen winkt ihr ein grosses Empfangskomitee entgegen. Unsre Freunde, die braungebrannten Skilehrer der Snowfactory, der gesamte SC Beverin, alle stehen sie Spalier. Mittendrin der honorige Präsident Albert Züger. „Wir haben speziell für dich ein Rennen ausgesteckt“, liest Albi vom Blatt, die Aufregung hätte ihn fast gelähmt, „du startest in der Kategorie Mädchen Super Mini. Bei uns geht das eben nach Gewicht.“ Er überreicht ihr zwei Paar Skier. „Die einen zum Einfahren, die anderen behalten wir frisch präpariert fürs Rennen“, zwinkert er ihr zu. „Wow“, haucht Victoria, „du bist nice!“ Schon gehts zum Bügellift. Kurzes Drängeln, wer mit Vicky auf den Berg darf. „Das ist Präsidentensache“, spricht Herr Züger gewichtig und lässt sich mit ihr abschleppen. Am Start wird das mit den blauen und roten Toren erklärt. Unsre Freunde stehen dabei nicht nur rum, sondern helfen tatkräftig mit. Mit blauem oder rotem Spezialwachs, der Schneetemperatur angepasst, zusätzlichen Kantenschliff 3 Grad oder grad 4, das habe eben mit der persönlichen Schärfe zu tun, erklärt Albi ihr noch. Dann wird Victoria losgeschickt. Und – wir haben es kommen sehen: Gleich nach dem ersten Tor ein Sturz, Victoria ist disqualifiziert. Und zerstört. Wir fahren zu ihr hin. „Halb so schlimm“, trösten wir sie, „jetzt kommt der Teil Après-Ski, da bauen wir dich wieder auf!“ Wir setzen uns an einen Holztisch. Sie wolle auch von diesem roten, süssen Heissgetränk. Für die innere Wärme. Nach der zweiten Tasse ist das Rennen vergessen. „Skifahren ist lustig“, kichert sie. Jetzt nehme sie noch einen Schnupf. Sie schaut erwartungsvoll in die Runde. Okay, das braune Pulver auf dem Handrücken drapiert, ein flotter Spruch dazu und ab durch die Nase! „Wow, das fährt ganz schön rein“, schnauft sie. „Aber ist praktischer als auf dem Spiegelchen und ich brauch meine Tausenderscheine nicht mehr zu rollen“, gluckst Vicky glücklich, „darum war Paris Hilton wohl so gerne auf dem Lande. Simple life, hier gefällts mir! Prrriiiiiis!!!“

Freitag, 20. Februar 2009

Draussen vor Hämmerles Tür

Manchmal spätabends, wenn sie im Schloss Rhäzüns weilten, Christoph längst in seinem Gemach lag und kräftig die Luft zum Schlaf ausblies, holte Silvia aus dem Schopf im Hof ihr altes Fahrrad hervor und trampelte dem Waldrand entlang Richtung Pratval. Direkt auf das Schloss Rietberg zu. Im verträumten Garten vor den alten Gemäuern wartete dort bereits ihr treuer Freund Andrea Hämmerle. Sie umarmten sich, setzten sich auf ihre „UBS“, unser beider Sitzbank, wie Andrea zu scherzen pflegte und schauten in den klaren Sternenhimmel. „Ach, mein lieber Andrea“, seufzte Silvia, „wie soll es bloss weitergehen?“ Hämmerle legte schützend den Arm um ihre zarten Schultern. „Ja, ja“, stimmte er ein, „es ist wahrlich nicht lustig. Keiner von uns hats einfach. Denken wir an Obama oder Ueli Maurer und an die Altlasten ihrer Vorgänger. Der Papst steckt in seinen Mass-Lederschuhen auf göttlichen Irrwegen, die UBS gar in der Bankenhölle.“ Sie blickten erneut ins Himmelsgewölbe. „Die Verstaatlichung der UBS war wohl unsre beste gemeinsame Idee seit Jahren,“ hellte sich Silvias Miene kurz auf. Dann schwiegen sie wieder. „Und jetzt auch noch die traurige Geschichte der jungen Brasilianerin. SVP ritzte sich das arme Ding in ihre Oberschenkel“, fuhr Silvia düster fort. Hämmerle versuchte sie aufzumuntern: „Vielleicht war sie der deutschen Sprache nicht mächtig, versuchte CVP zu schreiben? Oder SP und das V war lediglich ein Ausrutscher?“ Silvia schüttelte den Kopf. Als Alt-Lehrerin lag ihr die Grammatik viel zu sehr am Herzen, als dass man darüber spasste. „Ach Andrea, wenns so einfach wäre.“ Der Mond legte sich ruhig und friedlich über den Beverin, da endlich meinte Andrea: „Es ist wegen Christophs Biografie, nicht wahr? Deshalb bist du bei mir.“ Silvia nickte stumm. Sie wollte nicht, dass dieses Buch erschien. Nicht jetzt. Sie hatte ihm geraten, zuzuwarten, bis er doch noch Bundespräsident geworden wäre.“ Hämmerle zog ein frisches Stofftüchlein aus seiner Hosentasche und reichte es seiner Freundin. Sie drückte sich eine Träne weg. „Das mit dem Bundespräsidium ist halt immer eine schwierige Sache. Unter uns, dass Christoph abgewählt wurde, ist nun wirklich nicht seine Schuld.“ Andrea nahm seiner Bankpartnerin das Taschentuch aus der Hand. „Bei uns in der SP“, schnäuzte er gewichtig, „haben wir den Bundesrat Moritz, der Memoiren schreibt, die höchstens er selbst lesen will, und droht, bis 2011 im Amt zu bleiben.“ Silvia lächelte leicht, das erste Mal in dieser Nacht, stand auf, packte ihr an der Rosenhecke angelehntes Velo. „Andrea, mein bester Freund, wenn ich dich nicht hätte“, sprach sie und drückte ihn herzlich. „Jetzt aber muss ich zurück nach Rhäzüns“, sagte sie zum Abschied, „Korrekturlesen, bevor Christoph wach wird. Seine Biografie geht bereits in die zweite Auflage!“ Und Leuenbergers Schriften werden als Ladenhüter eingestampft, dachte Hämmerle betrübt. Silvia schwang sich auf ihren Drahtesel. „Pass auf, dass du bei Rothenbrunnen nicht auf den Polenweg einschwenkst“, rief ihr Andrea zu, „das ist sonst eine Nordosterweiterung deines Heimweges!“ Er schaute ihr besorgt nach, wie sie im Dunklen verschwand.