Dienstag, 26. Juni 2012

Ausgeträllert

Trennungen sind natürlich nie was Schönes. Was hab ich doch mitgelitten, damals als dem Rominger Toni nach zehn Jahren Liebe und zwei Jahren Ehe quasi über Nacht sein Schätzeli davon gelaufen ist. Ein neuer Mann, hat sie mit zartem Augenaufschlag der Glanz und Gloria-Sendung und kurz darauf der Glückspost und der Schweizer-Illustrierten, dem Blick und überhaupt der ganzen Schweiz verkündet, ein neuer Mann sei in ihr Leben getreten. Nichts geplant, es sei einfach passiert... Darauf die Schlagezeile: Francine Jordi und Florian Ast, das Schlagerschätzeli und der Mundart-Rocker: Das neue Traumpaar der Schweizer Musikszene! Ein Himmel voller Geigen! Wunderbar. Nur Toni hat traurig aus der Wäsche geschaut, den gemeinsamen Hund Theo hat Francine ebenfalls mitgenommen, so ist ihm nur noch das Velo geblieben. Später haben wir das singende Liebesduo und Liebesglück in allen Formaten landauf, landab gesehen, unheimlich verliebt, es hat geknistert, selbst auf dem heimischen Sofa vom blossen Zuschauen. Die ersten Monate vorbei und dann hat man den Eindruck bekommen, dem Flöru stinkts ein bisschen, so im Trachtenjäckli beim Musikantenstadl neben seinem Schlagerschätzeli zu stehen. Er, der harte, wilde Berner Mundart-Rocker. Und überhaupt, das viele gemeinsame Rampenlicht, da weiss man ja gar nicht recht, wer dabei heller aussieht? Der Flöru also schaut vorwärts, in die Zukunft, plant eine CD-Aufnahme in den USA mit der jungen Ehegattin eines älteren Bond-Regisseurs, die gerne ein bisschen singen würde, der Ast greift der 28jährigen Schweiz-Mexikanerin unter die Arme, dass dabei mehr Hitze entstehen kann, als daheim mit dem Schätzeli während eines ganzen Jahres der Trällerei bei Moik, wer kann das ihm verübeln? Die Francine hat sofort gespürt, dass mit ihm etwas nicht stimmt, als er wieder zurückgekehrt ist. Ins gemeinsame Nest. So hat sie sich nachts hinter sein Handy geklemmt und die SMS gecheckt. Und prompt den unglaublichen Beweis gefunden: Der Flöru hat sich in eine andere Frau verliebt und die Francine betrogen. Während den 14 Tagen in Los Angeles. Sie darauf subito die Konsequenzen gezogen und den Flöru kurzerhand aus dem Haus geschmissen. Sozusagen den Ast abgesägt, auf welchem sie sass. Jetzt bleibt ihr nur noch der Hund Theo. Und Rominger fährt weiterhin Velo.

Dienstag, 12. Juni 2012

Lolek und Bolek auf freier Fahrt

Normen für die Kinderkrippe: Zürich zieht unsichere Rutschautos aus dem Verkehr, hat die NZZ am Sonntag gemeldet. Wenn Eltern gegen Bobby-Cars ins Feld ziehen, schreibt der Tages Anzeiger. Und angefangen hat das Ganze so: Eine Mutter bringt ihre dreijährigen Zwillingsbuben Lolek und Bolek in eine Krippe in Zürich Wollishofen, im Glauben, ihre Söhnchen werden gehegt, gepflegt, gefüttert und nebenbei vielleicht mit etwas Frühchinesisch gefördert. Mami braust mit gutem Gewissen in ihrem flotten Flitzer davon. Die Abgaswolke hat sich noch nicht ganz gelegt, als sich Lolek auf einen Bobby-Car setzt, um im Hof mal kurz eine coole Runde zu drehen. Was Lolek kann, das kann Bolek längst, denkt sich dieser und steigt ebenfalls auf ein Plastikgefährt, einen Wheely-Bug-Krabbelkäfer. Oder welches Modell auch immer. Lolek bereits weggerollt, kippt nach hinten, prallt auf den Randstein und zack: eine Platzwunde am Hinterkopf. Sofort zum Arzt, der näht zu, was offen ist. Mutti entsetzt und verlangt, dass ihre Buben ab sofort Helm tragen müssen. Bolek denkt nicht im Traum daran, denn was Lolek ohne Helm kann, das kann Bolek längst ohne Helm. Einfach nicht nach hinten fallen, sondern gescheit das Gewicht nach vorne lagern. Und zack: kopfüber mitten aufs Gesicht, der Bolek, eine meterlange Rissquetschwunde am Kinn. Sofort zum Arzt, der näht zu, was offen ist und Mutter nimmt drohend ihre Buben aus der Krippe: Das Geschehene melden wir unverzüglich der Presse. Gesagt, getan. Und jetzt? Die Bereichsleiterin Kinderbetreuung der Stadt Zürich reagiert betroffen, bei diesen beiden Vorfällen handelt es sich um eine „statistisch unwahrscheinliche Häufung“, in den fünf Jahren zuvor habe es bloss einen einzigen vergleichbaren Unfall gegeben. Vermutlich der ältere Bruder von Lolek und Bolek. Die Krippe sieht trotzdem Handlungsbedarf und nach den Sommerferien werden nur noch Produkte zugelassen, welche die Norm 71 erfüllen: Räderlose Rutschautos, die in der Krippe fix verschraubt sind. Mit Sicherheitsgurt und Helmobligatorium.

Freitag, 8. Juni 2012

Morsezeichen: God save the Queen

Lang ists her, denk ich mir, dass ich etwas von meiner Freundin Silvia gehört hab. Also stell ich mich ans Fenster und zünde mit meiner grossen Taschenlampe quer über den fast schwarzen See. Kurz danach leuchtets von Herrliberg zurück. Es gehe ihr gut, sie habe gerade eine interessante Sendung im Fernsehen geschaut. Ich ebenfalls, antworte ich ihr, nämlich das diamantene Thronjubiläum der Queen Elizabeth! Unglaublich, wie tapfer sich die Lisbeth an der Krone festhält, fahre ich fort, die Engländer lieben ihre Königin, weil sie seit 60 Jahren jeden Morgen aufsteht, um ihr Amt auszuführen. Tagein, tagaus, einmal Königin, immer Königin! Silvia will etwas dazwischen blinken, jedoch meine Begeisterung über die Monarchin duldet keine Unterbrechung. Die Engländer lieben ihre Queen, weil sie seit 64 Jahren mit dem gleichen Mann verheiratet ist, zu ihm steht, auch wenn er wieder mal in ein Fettnäpfchen getreten ist. Die Engländer lieben ihre Queen, weil sie als letzte grosse Instanz ihrer Familie gilt und ihren Sohn Charles vermutlich niemals auf den Thron lässt. Ich setze kurz meine Lampe ab, das viele Lob lastet schwer auf meinem Arm. Du hast recht, blitzts zurück, die Monarchie ist etwas Wunderbares! Mein Christoph ist jetzt in Österreich unterwegs, hab ihn vorhin im ORF gesehen, funkt Silvia in meine Stube, man hat ihn dort als wortgewandte Galionsfigur vorgestellt und er solle bitte sehr dem österreichischen Volk die Vorteile der direkten Demokratie erläutern. Doch Christoph hat gemeint, er sei weit davon entfernt, diese zu vergöttern. Schon wichtig, dass jemand den Mächtigen im Land auf die Finger schaue, idealerweise sei das aber ein noch mächtigerer. Der König nämlich!
Pause. Bist du noch da, morse ich schüchtern zu Silvia herüber. Natürlich, antwortet sie endlich, und ich sag dir eines, sollte das Schweizer Volk tatsächlich demokratisch einen König wählen wollen, dann kanns nur den einen geben! Und während ich mich frage, ob ich wohl lieber einen mit der Krone oder einen in der Krone hätte, ists bereits dunkel auf der anderen Seeseite.