Mittwoch, 25. März 2009

Mit Victoria am Berg

Ob ich den hässlichen Skianzug von Paris Hilton gesehen hätte, fragt mich Victoria. Sie hat eben angerufen. Beim Durchblättern der italienischen Gala hätte sie die Bilder von der Hilton gesehen. In weisser Daunen-Kapuzenjacke mit Pelz, vermutlich nicht mal Echthaar, und einer weissen, viel zu grossen Hose. „Billig“, kommentiert sie. Aber das habe sie auf die Idee gebracht, ebenfalls Ski zu fahren. „Ich muss Sport treiben. Seitdem ich bei David in Milano sitze, hab ich hundertfünfzig Gramm zugenommen! An der frischen Luft verbraucht man mehr Kalorien, hat man mir gesagt, drum komm ich morgen wieder mal zu dir in die Berge.“ Sie legt schnell auf. Ich überlege, ob sie wohl doch mehr Fähigkeiten besitzt, als man ihr allgemein zutraut? Woher weiss sie denn, dass wir gerade in Thusis sind? „Weil wir jedes Wochenende hier sind“, sagt mein Mann trocken und ich denk, ja vielleicht hat er recht. Tags darauf, ganz früh, rotiert es laut, ein Hubschrauber landet und danach klingelts an unsrer Tür. Unsre Kinder öffnen stürmisch. „Hey, hey Vicky, hey Vicky, hey“, rufen sie laut und Victoria tritt ein. In schwarzer Daunen-Kapuzenjacke mit vermutlich Echtpelz und einer schwarzen, viel zu engen Hose. „Seh ich nicht klasse aus“, ruft sie uns zu. Wir nicken und fahren mit ihr auf den Heinzenberg. Oben angekommen winkt ihr ein grosses Empfangskomitee entgegen. Unsre Freunde, die braungebrannten Skilehrer der Snowfactory, der gesamte SC Beverin, alle stehen sie Spalier. Mittendrin der honorige Präsident Albert Züger. „Wir haben speziell für dich ein Rennen ausgesteckt“, liest Albi vom Blatt, die Aufregung hätte ihn fast gelähmt, „du startest in der Kategorie Mädchen Super Mini. Bei uns geht das eben nach Gewicht.“ Er überreicht ihr zwei Paar Skier. „Die einen zum Einfahren, die anderen behalten wir frisch präpariert fürs Rennen“, zwinkert er ihr zu. „Wow“, haucht Victoria, „du bist nice!“ Schon gehts zum Bügellift. Kurzes Drängeln, wer mit Vicky auf den Berg darf. „Das ist Präsidentensache“, spricht Herr Züger gewichtig und lässt sich mit ihr abschleppen. Am Start wird das mit den blauen und roten Toren erklärt. Unsre Freunde stehen dabei nicht nur rum, sondern helfen tatkräftig mit. Mit blauem oder rotem Spezialwachs, der Schneetemperatur angepasst, zusätzlichen Kantenschliff 3 Grad oder grad 4, das habe eben mit der persönlichen Schärfe zu tun, erklärt Albi ihr noch. Dann wird Victoria losgeschickt. Und – wir haben es kommen sehen: Gleich nach dem ersten Tor ein Sturz, Victoria ist disqualifiziert. Und zerstört. Wir fahren zu ihr hin. „Halb so schlimm“, trösten wir sie, „jetzt kommt der Teil Après-Ski, da bauen wir dich wieder auf!“ Wir setzen uns an einen Holztisch. Sie wolle auch von diesem roten, süssen Heissgetränk. Für die innere Wärme. Nach der zweiten Tasse ist das Rennen vergessen. „Skifahren ist lustig“, kichert sie. Jetzt nehme sie noch einen Schnupf. Sie schaut erwartungsvoll in die Runde. Okay, das braune Pulver auf dem Handrücken drapiert, ein flotter Spruch dazu und ab durch die Nase! „Wow, das fährt ganz schön rein“, schnauft sie. „Aber ist praktischer als auf dem Spiegelchen und ich brauch meine Tausenderscheine nicht mehr zu rollen“, gluckst Vicky glücklich, „darum war Paris Hilton wohl so gerne auf dem Lande. Simple life, hier gefällts mir! Prrriiiiiis!!!“