Samstag, 28. Oktober 2023

Lieber Herr Berset. Jetzt hatten Sie doch den Steuerknüppel in die Hand genommen und einen Alpenflug gestartet. Hoch hinaus zwischen Adlern und anderen Vögeln. Doch etwas an Ihrem Flug musste die französische Flugverkehrsleiter gewaltig irritiert haben, sonst hätten sie nicht die Kollegen der Luftwaffe informiert. Diese schickte zwei Kampfjets im Luftpolizeidienst, um sich den Privatpiloten aus der Schweiz genauer anzuschauen. «Bonjour Monsieur Bérset, qu’est-ce que vous faites ici?», riefen Sie Ihnen zu. «Je ne vous comprend pas», antworteten Sie tout de suite. Was in diesem Fall nicht an der Sprache lag, sondern einzig am Motorenlärm. Die zwei Kampfjetpiloten fackelten nicht lange und holten Sie flugs vom Himmel herunter, eine Zwischenlandung wurde Ihnen dabei generös offeriert. Da Sie ja ein Mitglied der Landesregierung sind, nahm Sie die Gendarmerie offiziell in Empfang und informierte gleichzeitig Monsieur le Président Emmanuel Macron. Dieser wiederum liess sich entschuldigen, mit Ihrem Kurzausflug hatte er schliesslich nicht gerechnet. Die Police du Ciel sah von einem Verfahren gegen den Piloten ab, weil Sie, Monsieur Berset, glaubhaft erklären konnten, dass Sie sich nicht verfahren sondern bloss verflogen hatten. Da es sich um «une affaire privée» handle, konnten Sie auch glaubhaft erklären, dass Sie sich mit solchen auskennen. Und schon entliess man Sie wieder in Ihre Cessna, Sie starteten durch und riefen glücklich zu der winkenden Gendarmerie am Boden: «Wer vögeln kann, kann auch fliegen!» Das jedoch im erneuten Motorenlärm etwas unterging.

Hotel Mamma schliesst am 18. Dezember 2023!

In bella Italia gibt es – im Verhältnis zu anderen Ländern – viele erwachsene Muttersöhnchen (es sind tatsächlich mehr als Muttertöchterchen), sogenannte Mammoni, die einfach nicht ausziehen wollen. Eh ja, kommt schon, es ist ja auch mega praktisch so daheim bei Mamma zu leben. La Mamma kocht abends was Feines, damit der Figlio nach einem harten Büroalltag gut und warm genährt in den tiefen Schlaf fallen kann. Sein Zimmer ist immer picobello, nicht, weil er selber aufgeräumt hat, sondern weil la Mamma tagsüber abstaubt, saugt und den Schreibtisch durchforscht. Auf eventuelle Hinweise zu einer bella Ragazza! Das könnte ja auch mal in einer Heirat enden und damit mit dem Auszug des Figlios aus der 12 m2 grossen Bubenkammer mit dem 80 x 1.90 Bett. Bei allfälligen Fragen zu diesem heiklen Thema stellt der Figlio sein Gehör frecciarossamässig auf Durchzug – Schultern zucken und danach eine Runde Playstation zocken, domani sarà un altro giorno.  

Attenti Ragazzi, die Medaille im besten Hotel La Mamma kann auch eine Kehrseite haben. So geschehen dieser Tage in Pavia. Denn da gibt es eine Mamma, 75jährig und alleinstehend (ja, ok, nachm Entscheid erst recht), die ihre beiden berufstätigen Figli (42- und 40jährig) immer wieder gebeten hat, per favore im Haushalt mitzuhelfen und un po’ vom Monatsgehalt an die Miete beizusteuern. Niente, die Ragazzi absolut beratungsresistent – kennen wir das nicht bei unseren? – sind mit frisch gebügelten Hemden zur Arbeit gefahren und haben abends weltbeste Lasagne della Mamma gegessen. Im Haushalt helfen oder Miete bezahlen – ha, che scherzo, mit jedem Bissen runtergeschluckt. Und mit einem Glas Vino nachgespült. Salute!

Jetzt aber hat es der 75jährigen Mamma den Nuggi dermassen rausgehauen, dass sie vor Gericht gegangen ist. Basta! Sie hat durchgesetzt, dass ihre beiden Söhne zu Hause ausziehen müssen. Ciao Ragazzi! Im Urteil heisst es, dass aufgrund der Unterhaltspflicht der Eltern zunächst gerechtfertigt sei, dass die Jungs noch zu Hause leben, allerdings nicht mehr, wenn sie über 40 Jahre sind. Sie könnten ja dann quasi erwachsen sein. Also glaubs. Die Stadt Pavia setzt eine Frist bis zum 18. Dezember. Buon Natale, Ragazzi!

Freitag, 25. Juni 2021

Lieber Herr Berset. Ich glaube, das ist mein letzter Brief an Sie. Ausgeberset sozusagen. Fertig lustig. Merciviumau, dass Sie stets einen kahlen Kopf behielten, die Situationen im Griff hatten, auch wenn ich mengisch nicht mit Ihnen einverstanden war. Nun also lassen wir die Hüllen fallen, der Maskenball ist endlich vorbei, wir werden uns wieder an ganz gewöhnliche Gesichter gewöhnen müssen. Der eine und die andere sehen vielleicht ein wenig älter aus, also zumindest ich. Die Lippenstiftbranche wird aus den roten Zahlen kommen, wir werden uns zur Begrüssung dreimal küssen oder auch nicht. Die Covid-Geimpften dürfen in Clubs abtanzen, das Leben hat für unsere Jugend also endlich wieder einen Sinn! Die Ungeimpften schauen derweil skeptisch zu. Das Zertifikat ermöglicht neue Freiheiten, wenigstens innerhalb der Schweiz. Dass es später auch in der EU zählen wird, dafür kann eventuell Ihr Kollega im Aussendienst sorgen. Weil ja eh jedes Land eigene Regeln hat, werden wir individuell schauen, uns schützen oder zu Hause bleiben. Das kommt mir irgendwie bekannt vor. Doch wie sagten Sie: Pandemie isch verbii! Aber wir müssen vorsischtisch bleiben! Cher Monsieur Berset, normalerweise verabschiede ich mich mit einem «bis bald» – doch in Ihrem Fall werde ich wohl eine Ausnahme machen!

Mittwoch, 26. Mai 2021

Cher Monsieur Berset. Die Strateschie des Bundesrates geht voll auf: Wir haben ein hohes Tempo beim Impfen mit wirksamen Impfstoffen (ein nicht unwesentlicher Bestandteil Ihrer Strateschie) an den Tag gelegt, selbst unsere Jugend hat bereits einmal Covid intus. Und wir testen seit genügend Tests zur Verfügung stehen (Sie hätten ja auch hinter Ihrer Maske sagen können, die Tests nützen nichts, mais non, das haben Sie gelernt aus der Koch-Masken-Misere). Alors, weil wir jetzt alle Pandemie können, so haben Sie heute verkündet, geht es in grossen Schritten Richtung Freiheit zu. Die Restaurants werden in wenigen Tagen wieder geöffnet sein, natürlisch müssen wir vorsischtisch sein, aber wir dürfen uns zu viert an einen Tisch setzen und dort die Masken fallen lassen. Auf der Terrasse können wir uns gar zu sechst bedienen lassen. Privat lockern Sie noch grosszügischer: 30 Freunde drinnen, 50 im Garten. Oh. Das wird natürlich schwierig. 50 Freunde! Nach all den Monaten zu Hause hocken! Und vorsischtisch sein! Uns bleiben höchstens 5! Aber – ich könnte Sie ja einladen, Sie und all Ihre Bundesratgspändli. Mit Partner:innen. Für draussen. Das wird sicher lustig. Sie dürfen auch Ihren Ex-BAG-Koch mitbringen, er kann sich an unserem Grill die Finger verbrennen – wir werden es garantiert niemandem weitererzählen. Vielleicht. Doch. Und dann freuen wir uns einfach zusammen. Auf einen guten Sommer. Und ein neues Leben. Merciviumau!

Mittwoch, 12. Mai 2021

Cher Monsieur Berset. Jetzt wirds locker, titelt der Blick, Beizen auch innen offen, Events innen mit 100 und draussen mit 300 Personen möglich! Mais, vous disez, das passiert nur, wenn wir vorsischtisch bleiben! Mais ouiii, klar doch, wir werden uns ab dem 31. Mai innen in den Restaurants allerhöchstens zu viert an einen Tisch setzen. Et oui, wir werden die Masken selbstverständlisch am Tisch tragen! Nur wenn wir konsumieren, werden wir sie lässig – wie unsere Sonnenbrillen – hoch ins Haar schieben. Und subito wieder zurück über Nase und Mund ziehen, wenn wir kauen, schlucken oder sprechen. So wird der Mundschutz gleichzeitig zur Serviette, man muss es ja auch mal von der praktischen Seite her anschauen. Private Feiern im Garten sind auf maximal 15 Gäste beschränkt, c’est bon, mehr Freunde sind uns seit der Pandemie eh nicht geblieben. Judo und Schwingen ist ohne Maske erlaubt, wenn höchstens zu viert, der Swinger im Club jedoch muss sich noch gedulden, egal in welcher Formation. Auch Tanzveranstaltungen bleiben weiterhin verboten und die Clubs geschlossen. Bei all den Lockerungen könnten Sie doch diese ebenfalls wieder öffnen, oder? Unsere Jugend tanzt sowieso ab, momentan trifft man sich an illegalen Raves im Wald. Corona-konform vielleicht wahrscheinlich eher nicht. Und: im Wald leben ja Fuchs und Hase, die können sich vor lauter Techno Beats keine gute Nacht mehr sagen! Alors, cher Monsieur Berset: wir müssen vorsischtisch sein, avec la jeunesse, aber auch mit schwerhörigen Tieren, n’est pas? Merciviumau!

Freitag, 9. April 2021

Lieber Herr Berset. Happy birthday! Ich wünsche Ihnen alles Gute und dass Sie gesund bleiben. Gesundheit, können wir ja alle brauchen, denn ehe wir uns umschauen, päng, sind wir tot. Wie Prinz Philipp. In zwei Monaten wäre er 100 geworden. Und ausgerechnet heute hat ihm sein Leben einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Für alle anderen geht es weiter. Geniessen Sie also Ihren Geburtstag! Und dies erst noch an einem Freitag, da können Sie feuchtfröhlich ins Wochenende hineinrutschen. Mit einer lustigen Runde zu zehnt am grossen Tisch. Daheim. Nicht in einem Restaurant, aber diese Corona-Regel kennen Sie vermutlich, als ob Sie sie selber geschrieben hätten. Hingegen, wenn Sie ein Zimmer in einem Hotel buchen, dürfen Sie im dortigen Restaurant essen und feiern, haha, das ist ja eine lustige Logik, aber nur an Vierertischen und mit genügend Abstand zum nächsten. Verteilen Sie also Operngläser und Megaphone an Ihre Gesellschaft, das vermittelt Nähe und Gemütlichkeit und gibt ein Stück weit Normalität zurück. Haha, Stück weit! Diese Sache mit den Hotels versteht mein Schwiegervater ja gar nicht, er meinte, ich solle Sie mal fragen, ob das Virus eine Hotelphobie hat, bzw. weshalb stecken wir uns in einem vollen Hotelrestaurant weniger an als in einer halbleeren Dorfbeiz? Vielleicht reist es nicht gerne? Und ist lieber dort, wo man sich kennt? Übrigens: Mein Schwiegervater feiert heute auch Geburtstag! Bei uns zu Hause. Am grossen Tisch. Wir werden auf Sie anstossen, auf uns, das Leben, Prinz Philipp und auf die Lockerungen, die Sie uns am 14. April verkünden. Viva! Und merciviumau!

Donnerstag, 1. April 2021

Lieber Herr Berset. Die Flieger aus Brasilien landen im Stundentakt in Zürich. Willkommen Mutante P.1, tanze Samba mit mir, die ganze Nacht! Uah aha, weil Samba uns glücklich macht! Wer sagt denn, dass wir dazu einen offenen Club brauchen? Genau. Wir lassen diese lieber geschlossen wie andere Stätten auch. Dafür bitten wir brasilianische P.1-mutierte Mu-Tanten ins Land, weil ja klar, die Swiss auch leben muss. Hab ich eben leben gesagt? In Brasilien explodieren gerade die Fallzahlen, Bolsonaro lässt die Flugzeuge füllen, denn je weniger im eigenen Land bleiben, desto mehr freie Plätze gibt es auf seinen Intensivstationen, desto schöner ist seine Bilanz. Also her damit! Willkommen, Mutante P.1! Geniesse die schönen und warmen Ostertage bei uns und zeige dich mit ansteckender Freude! Eben kams in den Nachrichten: Superspreader Mu-Tante CH 1.4.21 zieht hüftschwingend ums Zürcher Seebecken. April, April?