Samstag, 15. November 2008

365mal im Jahr...

Da lese ich doch gerade, dass zurzeit Angelina Jolie mit ihrem Brad Pitt meilenweit entfernt ist, ein auch nur halbwegs anständiges Liebesleben zu führen. Sie kämen, seit die Zwillinge auf der Welt sind und sie jetzt sechs Kinder haben, fast zu nichts mehr. Wenn sie dann doch ein Schäferstündchen planen, vielleicht am Ende eines langen Monats und sie sachte die Türe zum gemeinsamen Schlafsaal schliessen, komme doch prompt das eine oder andere Kind, klopfe an und trete ein. Gut erzogen, denk ich mir, unsere klopfen wenn, höchstens sich gegenseitig. Lässt die Jolie mal das Wasser in die Wanne fliessen, um ein wenig mit ihrem Brad zu plantschen, stehe die halbe Jungmannschaft daneben und wolle mitbaden. Süss, die Kleinen. Aber ja, so ist es halt, der Alltag kann selbst beim schönsten Ehepaar vorbeischauen. Da klingelt plötzlich das Telefon. Ob ich das Buch „Just do it – 101 Nacht nur wir zwei“ von Douglas Brown kenne, fragt mich Victoria Beckham. Seit wann liest du denn Bücher, entgegne ich erstaunt. Tu ich gar nicht, David hats mir vorgelesen, antwortet sie schnell und fährt fort: Da gehts um ein verheiratetes Paar, das 101 Nacht hintereinander miteinander geschlafen hat. In der Wohnung, in der Garage, im Garten, quasi überall. Zwischen Job, Haushalt und Kindern. David hat geprahlt, er habe dies schon längst durchgezogen, sogar mehr als 101 Nächte, einfach mit unterschiedlichen Frauen. Aber sollte es nicht immer die gleiche Frau sein, mit der er schläft, will Victoria von mir wissen. Ich denke schon, erwidere ich, trotzdem sei es natürlich eine reife Leistung ihres Ehemannes. Und erzähle ihr vom Buch der Mullers. Du weisst schon, „365 nights – A memoir of Intimacy“, dieser Bericht über einen ganzjährigen Liebesmarathon. Sie wusste nicht, die Victoria und ist sich ebenfalls nicht ganz sicher, ob 365 nights mehr als 101 Nächte sind. Ich nicke, ja doch, die Mullers haben es viel länger gemacht. Mehr als dreimal so lang. Die Idee von Charla Muller war, rede ich weiter, dass sie ihrem Ehemann zu seinem 40. Geburtstag ein ganz besonderes Geschenk machen wollte. Keine Uhr, keine Ferien auf Hawaii, kein Porsche Cayenne. Nein, etwas sehr persönliches sollte es sein. Einen Gutschein mit dem einjährigen Versprechen, jeden Abend zwischen 19 Uhr und 22 Uhr mit ihm ins Ehebett zu steigen. Die Kinder würden um diese Zeit bereits schlafen und die Hausfrau ist noch nicht zu müde. Sie habens durchgehalten, 365 Tage aufeinander folgend, wobei Charla nach zehn Monaten eine Krise bekam und dachte, es sei keine sehr gute Idee gewesen. Ihr Mann jedoch unterstützte und ermunterte sie, weiterzumachen. Fehlen doch bloss zwei Monate bis zum Gutschein-Ende! Zum Glück hatten die Mullers eine Verlegerin als Freundin und so kam dieser Tatsachenbericht in Buchform auf den Markt. „365 nights“ wurden in Amerika ein Bestseller und Mullers reich. Oh, staunt Victoria, vielleicht sollte ich das selbst versuchen. Wie wärs mit „1001 Nacht“? Ist das mehr als ein Jahr, fragt sie dabei hastig. Das schon, aber..., will ich sagen, doch da hat sie bereits aufgelegt.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

Morsezeichen: Die Misere der Missen

Samstagabend spät. Es blinkt wieder von Herrliberg her. „Missen müssen wissen“, morst mir Silvia direkt in unsere Stube. Und ob ich noch wach sei. Selbstverständlich, spätestens jetzt, leuchte ich sofort zurück. „Wir haben gerade zusammen die Miss Schweiz Wahl geschaut. Der Christoph und ich. Und sind entsetzt, er als alt Bundesrat und ich als alt Lehrerin, dass die Kandidatinnen unsere sieben Magistraten nicht aufzählen konnten.“ Ich überschlag sie schnell im Kopf. Und komm auf sechseinhalb. Hüte mich aber, dies zurück zu funken. Zudem geht es ja nicht um meinen Wissensstand. Für eine Misswahl komm ich eh nicht in Frage. Zu alt halt. „Eine Miss repräsentiert das Land, muss natürlich hübsch anzusehen sein und sie muss sich auskennen. Auch in Sachen Staatskunde. Da darf auf die Frage nach dem mächtigsten Schweizer Politiker nicht gestottert werden, sondern es muss eine rasche Antwort kommen! Die wissen wir zwei natürlich, jedoch keine der Missen“, blitzt es von der Goldküste herüber. Wenn man bedenkt, dass eine Miss gar Präsidentin von Amerika werden kann, ist eine solide Grundausbildung durchaus sinnvoll. „Am besten fängt man damit eben schon im Kindergarten an“, antworte ich harmlos. Doch das Licht auf der anderen Seite ist schon aus.

Samstag, 26. Juli 2008

Bikini, Pareo und so

Jetzt ist es mir passiert. Mitten in der Sommersaison sprengts mir meinen Bikini. Zu eng, eingelaufen vermutlich, das alte Stück. Der Ausverkauf hat ausverkauft. Zumindest meine Grösse. Geh doch in diesen Laden beim Rennweg, rät mir meine Freundin. Zig Modelle und Umziehkabinen mit cellulitisfreiem Licht. So trete ich ein ins Bade-Kleid-Paradies und lasse mich von einer Bikini-Fee entführen. Mit ihrem ausgewiesenen Kennerblick sucht sie richtige Grösse, Farbe und Schnitt. Olivfarben, haucht sie, das schmeichelt dem Teint, leicht gerafft, das lenkt von Pölsterchen ab. Und schiebt mir ein zweites Objekt zu. Blaue Hose mit Oberteil, das aussieht wie ein Shirt. Kaschiert so manches. Dazu, säuselt die verkaufende Erscheinung, passt wunderbar ein Pareo. Das Stoffteil flott um die Hüfte geschwungen und schon besticht man damit den Kellner in der Strandbar am Mittelmeer. Ich schwebe beschwingt zur Kasse. Wir haben zwei Teile oliv, 120 und 80, zwei Teile blau 130 und 90 und der passende Pareo 175, macht zusammen 595 Franken. Der Bikini-Engel strahlt mich an. Und wirkt dabei sehr irdisch. Ich schlage dumpf am Boden auf. Noch nie habe ich so viel für so wenig bezahlt. Das hält zehn Jahre, ruft sie mir nach. Ja, ja, ich hoffe, meine Figur auch...

Freitag, 21. März 2008

Victorias Doublezero

Ich hab mich schon ein bisschen gesorgt um die Victoria. Etwas blass um die grosse Nase herum sah sie aus in letzter Zeit. Und auch ein wenig dünner. Hat sie Sorgen, hab ich mich gefragt. Haben sie nicht mehr genügend zu essen in der Familie Beckham? Dann aber kam die Nachricht, dass sie nach Los Angeles ziehen wollen. Daher also das leicht bekümmerte Gesicht. Während der Gatte sich finanziell neu herausgefordert fühlt, wird die Frau derweil von grossem Kummer geplagt. Ist sie denn auch wirklich dünn genug? Nirgends ist der Schlankheitswahn so gross wie in L.A. Wer Kleidergrösse 36 trägt, gilt als dick. Und dick ist dort gar nicht chic. Für die Hungerhaken der Westküste haben amerikanische Designer Size Doublezero geschaffen. So muss Victoria mit ihren Freundinnen schon nicht in der Kinderabteilung nach dem Passenden suchen. Um in Grösse Doppelnull zu verschwinden, soll mit Disziplin gehungert werden. Schliesslich will man ja nicht einfach nur so knochig daherkommen, sondern gezielt knochig. Daher brauchts ein entsprechend hartes Fitnessprogramm. Mindestens einmal, besser zweimal täglich. Überwacht von einem persönlichen Guru, der zugleich einen Diätplan erstellt und überprüft, ob Victoria auch wirklich nur Salate und Eiweisse und bestimmt keine Kohlenhydrate zu sich nimmt. Denn Brot und Teigwaren sind Gift für die dünne Seele. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Daher muss Victoria jeden Tag in einen Joghurtbecher pinkeln. Der Personaltrainer analysiert diese Substanz und verkauft sie später als „Intimately Beckham for him and her“. Die gute Vicky bringt jetzt grad mal 42 Kilo auf die Waage. Bei einer Körpergrösse von 1 Meter 68. Fast genau wie ich, nur dass ichs bei 1,42 auf 68 Kilo bring. Aber für solche wie mich hat die Victoria ja so nebenbei eine Jeans auf den Markt gebracht. Die mit dem Krönchen auf der Gesässtasche. Und dem cleveren Schnitt, der den Po knackiger und die Beine länger erscheinen lässt. Und das alles ganz ohne Training. Also nichts wie hin zu dieser Jeans. Und tatsächlich, ich hab sie gefunden. Bei Jetset mitten in Zürich. Man hat mir gerne die Hose gezeigt und mich mit einem verschwörerischen Augenzwinkern in die Kabine geführt. Und dann war ich allein. Ich und die clevere Victoria-Jeans. Ich schlüpfte hinein und bestaunte mich im Spiegel. Sensationell! Mein Hinterteil knackig wie eine Wurst kurz vor dem Platzen. Und meine Beine unendlich lang. Die hörten gar nicht mehr auf. Endeten vermutlich erst bei den Füssen. Aber soweit konnte ich gar nicht mehr sehen. Ich stand nur da und dankte der heiligen Victoria, dass sie so viel Gutes für uns Frauen tut. Sie müsste es ja gar nicht und macht es trotzdem. Unglaublich. Selbstlos. Ich werde nie mehr über diese Göttin lästern, sagte ich zu mir. Zog die Hose aus und sah dabei den Preis: 689 Franken. Ah, der steht ja aufm Kopf, kicherte ich und drehte ihn um: 689 Franken. Für eine Jeans. Und eine Krone am Arsch. Pardon. Ich legte die Hose zurück. Verliess das Geschäft mit kurzen Beinen. Und mir fielen wieder ganz viele Dinge über diese magersüchtige, geldgierige Beckham-Zicke ein.

Sonntag, 24. Februar 2008

Simple life

Der Victoria Beckham-Frauentausch von neulich. Sie war bei uns und ich bei ihnen, ist nicht mal in meinen Träumen vorgekommen. Alles Poesie, erstunken und erlogen. Drum hatte es mich total überrascht, dass ihr PR-Manager mich anrief und sagte, hey, wir haben diese Story im Bündner Anzeiger gelesen und fänden es cool, wenn unsre Vicky doch tatsächlich mal zu dir nach Graubünden kommen könnte. Na klar, gab ich geschmeichelt zurück. Können wir das auch filmen, fragte der PR-Agent. Aha, daher wehte der Wind. Schliesslich hatte ich ja gelesen, dass die Victoria beim US-Sender NBC eine Reality-Show bekommt. Einblick in das Leben der Beckhams. Ähnlich wie die Doku-Soap über die beiden vom einfachen Leben gebeutelten Grazien Paris Hilton und Nicole Richie. Die zeigten, dass sie auch ohne Luxus überleben können. Simple life war ein riesiger Erfolg. Und die beiden Protagonistinnen trinken nun keinen Champagner mehr, sondern nur noch Prosecco. Und diesen erst noch aus der Dose. Victoria ist auch eine ganz Einfache. Und würde furchtbar gerne das Bodenständige in ihr zum Ausdruck bringen. Daher seien sie auf mich gekommen, sagte der PR-Fuzzy. Und vielleicht könne ich ja noch ein regionales Fernsehen organisieren und wir würden eine Probe-Soap daraus machen. Klar, antwortete ich, kein Problem. Und so kam Victoria Beckham nun doch zu uns. Ich stellte sie unsren Freunden auf Baria vor. Ein Hof mitten am grünen Heinzenberg. Victoria lächelte aufgeregt, verstand nur Bavaria und sah das Filmteam, das mit Licht und Schatten zu kämpfen hatte. Gehen wir erst mal zu den Kühen, sagte Bauer Hitsch und überreichte ihr einen blauen Overall. Cool, Overalls sind jetzt wieder total Mode - ist der von Gucci, fragte sie. Nein, steht Lamborghini drauf, gab Hitsch zurück. Das passt ja prima, ich hab auch einen in der Garage. Hitsch drückte ihr ein paar Gummistiefel in die Hände. Gibts die nur in Schwarz, wollte sie wissen, stieg von ihren Higheels herunter, schlüpfte hinein und stapfte dem Pur hinterher in den Stall. Das riecht aber ein wenig streng hier, da will ich nicht hinein. Die Kühe geben erst ab nächstem Jahr Parfüm, antwortete Hitsch gelassen. Weisst du schon welche Marke? Vermutlich „Intimately Baria for Hitsch and Her“ gab er zurück und führte sie aus dem Stall zum Haus herüber. An den Mittagstisch. Die Kinderschar sass höchst gespannt am reichlich gedeckten Tisch. Die Scheinwerfer leuchteten, die Kameras surrten. Victoria starrte auf ihren Teller: Ich esse nur Salat ohne Sauce. Dann hättest auch im Stall bleiben können, lächelte Hitschs Frau Tina sie an und überreichte ihr ein paar grüne Blätter. So und jetzt, wo wir alle satt sind, gehts ab zu John Deere, sprach der Gastgeber. Oh, ist er wie du, fragte sie beim Heraushasten. Ja, ja, sitz du erst mal auf den Johnny, dann sehen wir weiter. Und so stieg Victoria Beckham auf den ersten und grössten Traktor ihres Lebens. Gab Gas, winkte glücklich der Familie zu und wurde nicht mehr gesehen. Oh, haben wir das im Kasten, fragte der Aufnahmeleiter. Nun, wenn nicht, wiederholen wir es noch einmal. Vielleicht mit Paris Hilton, lachte die Familie. Der PR-Manager übrigens hat mir dann geschrieben. Victoria hätte erst den Tank leerfahren müssen. Bevor sie hat heimgehen können. Man hätte ihr nicht erklärt, wo die Bremsen sind. Wie im richtigen, einfachen Leben.

Donnerstag, 24. Januar 2008

Frauentausch

Spätabends im Fernsehen. Frauentausch, die Doku-Soap. Hat das Ziel, uns zu zeigen, dass es wo anders noch viel schlimmer sein kann. In jeder Folge ziehen zwei Frauen aus völlig unterschiedlichen Welten für zehn Tage zu der jeweils anderen, gänzlich unbekannten Familie. Nach Ablauf der Fremdfamilienzeit werden die Frauen bei Nacht und Nebel abgeholt und auf halber Strecke treffen sie aufeinander. Man beschimpft sich kurz, wie mies das jeweils vorgefundene Familienleben ist und fährt dann glücklich heim zu den eigenen. Die wiederum die zurückbekommene Alte herzlichst bei sich aufnehmen, mit dem Wissen, schlimmer kommts immer. Nun, so hab ich mir gedacht, da mach ich doch glatt auch mal mit. Um neue Erfahrungen zu sammeln. Und mit dem Hintergedanken, dass dann meine Lieben mich lieben. Noch mehr als vorher. So wird das Formular ausgefüllt, abgeschickt und kurze Zeit später kommt doch tatsächlich der Bescheid, dass ich dabei bin. Eine andere Welt hätten sie gefunden und es könne losgehen. Treffpunkt Flughafen Zürich-Kloten. Ich steig hinein und fliege nach? Madrid, wow. Hätte ich ein halbes Jahr gewartet, wär ich vermutlich nach L.A. geflogen. Und zu Unsren kommt niemand anderes als Victoria Beckham. Doppelwow. Hätt ich ja nicht gedacht, dass die da auch mitmacht. Nun, mir solls recht sein. Ich flieg also zu David, setz mich an seinen Pool, lasse den Haushalt von den 23 Bediensteten ausführen, die drei Bubenkinder werden von 3 Nannies trainiert, schlürfe an einem coolen Drink, versuche mit meinem Blick im aufgeschlagenen Buch zu bleiben und schweife dauernd nach rechts. Dort wo der David liegt. In einer kleinen Badehose im Liegestuhl neben mir. Yeah! Das glaubt mir jetzt natürlich niemand. Aber ich habs wirklich geschafft, ein paar Seiten weiterzublättern. Victoria liest nicht, sagt David. Ich weiss, antworte ich, ich habs gelesen. Dass sie nicht lesen kann. Ich mach für einen Moment die Augen zu und denke an sie, die es mit den Buchstaben nicht so hat. Wies ihr wohl geht? Ich nehme Davids Handy und rufe kurz mal daheim an. Alles bestens, jauchzt mein Mann. Wir sind grad unterwegs nach Tschappina. Zum Skifahren, japst er. Victoria hat extra ihre Winterausrüstung mitgenommen. So gut! Prada obenrum, Armani unten, Chanel als Ski. Dann merken sie, dass das Ex-Spice Girl mit ihren Nerzmoonboots schlecht in die Gucci-Bindung ihres Chanels hineinkommt. Sie gehen zum Skiverleih. Wow, Irma, siehst du heute toll aus, sagt der Toli vom Skihaus. Ich bin Vicky, sagt sie. Aber hallo, Vicky, du siehst auch nicht grad schlecht aus. Und verpasst ihr ein paar Schuhe. So fahren meine Lieben mit der Victoria den ganzen Tag am Heinzenberg Ski. Unsere besten Freunde schliessen sie grad ins Herz. Spontan wie sie sind. Äusserlichkeiten sind Nebensache. Hauptsache, die inneren Werte stimmen. Gut verpackt in der richtigen Körbchengrösse. Nun, ich habs ja auch nicht schlecht. Und mag ihnen den Winter gönnen. Ich schau glücklich zu David und? Er ist nicht mehr da! Der Liegestuhl ist weg! Der Pool, der Drink! Und ich, ich liege auf unsrem Sofa. Daheim. Der Fernseher flimmert still und friedlich. Vermutlich war ich beim Frauentausch eingeschlafen.

Freitag, 4. Januar 2008

Morsezeichen: Von Gold- zu Silberküste

Es war ein stilles, wenn nicht gar stummes Abkommen, das wir zwei getroffen haben. Die Silvia und ich. Abends, bevor sie zu Bett ging, das konnte durchaus sehr spät sein, stellte sie sich noch kurz an ihr Stubenfenster drüben in Herrliberg. Schaltete die Beleuchtung ein, aus, ein, aus und morste mir über den Zürichsee hinweg ihr Wohlbefinden. Wenn irgendwann in der Nacht das Lichtlein in kurzen Abständen über unsren Esstisch huschte, sagte mein Mann trocken: Ist für dich. Da stand ich wieder am Fenster, antwortete, so gut ich konnte. Und erfuhr, das darf ich hier ruhig verkünden, als Erste und noch Tage vor der Weltwoche von den Ängsten und Befürchtungen um den geheimen Plan, Christoph abzuwählen. Den besten Bundesrat aller Zeiten hinterhältig aus dem Gremium zu kippen. Unglaublich. Ich zittere jetzt noch, wenn ich daran zurückdenke. Wobei, ich gebs zu, nicht alles gar so deutlich in unsrer Küche zu empfangen war. Von Wähen sprach sie nämlich und einem Geheimkompott. Betty Bossi, kams mir spontan. Blochers haben Ueli zum Znacht und Silvia sucht noch nach einem währschaften Rezept, damit er sich wie bei Muttern fühlt. Ich habe ihr grad sofort zurückgeblinkt: Probiers doch mit einem Bündner Gericht – das kommt immer gut an. Jetzt seh ich das natürlich in einem ganz anderen Licht. Die sassen gar nicht zusammen, um gemütlich miteinander zu speisen, nein, da wurde bereits die inzwischen berühmte Brandrede nach der verlorenen Bundesratswahl gekaut. Silvia sah sich schon auf der Bundeshaustribüne sitzen, die Abwahl ihres Gatten direkt vor Ort mitzuerleben. Das war natürlich bitter. Eine Zeitlang bliebs dann auch sehr dunkel im Wohnzimmer auf Herrliberg. Das beunruhigte mich. Aber gestern hats wieder gefunkt. Glücklich sei sie jetzt. Und erleichtert, den Christoph wieder vermehrt im Haus zu wissen. Sie suche nur noch nach einem sinnvollen Hobby für ihn. Wenn ich eins hätte, soll ich es ihr doch rübermorsen.