Freitag, 29. Januar 2010

Therapien am Zürichberg

Sie rutscht auf unsrem Küchenstuhl hin und her, kaut an ihren Fingernägeln und nestelt nervös an ihrer Turmfrisur herum. Ihr Vater Mitch hätte sie hierher geschickt, die Schweiz sei der ideale Ort, um ein wenig zu sich selbst zu kommen. Amy Winehouse schiebt mir einen Zettel mit der Adresse einer Therapeutin vom Zürichberg über den Tisch. Schon möglich, antworte ich, aber muss es grad diese sein? Amy nickt, doch, doch, ihr Vater hätte ihr geraten, gehe nach Zürich, da sitzen die berühmtesten. Nun, sag ich, die Erfolge dieser Heilerin sind etwas umstritten, ihre Villa an bester Lage zeugt zwar von ihrem beruflichen Erfolg. Posttraumatische Störungen, Zwänge und Ängste therapiert sie, assistiert von ihrem Ehemann, einem bekannten Zürcher Rechtsanwalt. Über Jahre hin versammelt sich dort eine illustre Zürcher Klientel. Professoren, Zahnärzte, Chirurgen, Anwälte und alle litten sie unter Persönlichkeitsstörungen. Amy schaut mich mit verdrehten Augen an. Ja, ja, fahre ich fort ich, die Ärztin hat dann zu Gruppentherapien gerufen, man hat sich an den Händen festgehalten und gemeinsam aus einem Becherchen getrunken. Manchmal ist sie gar spärlich bekleidet – dies wegen der grossen Hitze im energiegeladenen Behandlungsraum – auf einen Patienten gesessen und hat ihn ein bisschen festgehalten. Amy schüttelt den Kopf, sie wolle keine Therapeutin auf ihrem Schoss. Denk an das Becherchen, antworte ich ihr, die Patienten trinken aufgelöstes Ecstasy. Wow, zischt Amy. Ein paar Stunden später wird auch noch LSD eingeworfen, ergänze ich, um eine bewusstseinserweiternde Wirkung herbeizuführen. Während ich das Funkeln in Amys Augen sehe, frage ich mich, ob ihr Vater wohl von diesen Heilungs-Methoden weiss. Endlich eine sinnvolle Therapie, danke Daddy, quietscht sie zum Abschied glücklich...

Mittwoch, 27. Januar 2010

Tiere vor Gericht

Die Volksinitiative „Gegen Tierquälerei und für einen besseren Rechtsschutz der Tiere“ – die Tierschutzanwalt-Initiative vom 7. März 2010 – will die Kantone verpflichten, einen Tierschutzanwalt einzusetzen. Welcher die Interessen der misshandelten Tiere vertritt. Und schaut, dass die Täter nicht mit milden Strafen davon kommen. So will es der Schweizer Tierschutz. Darf damit das arme Schwein zu Lebzeiten schon gegen die schwere Panade klagen, in der es später als frittiertes Schnitzel-Opfer enden wird? Wenn ja, ändert das etwas an seinem Schicksal, irgendwann trotzdem in einem Teller zu landen? Vermutlich nicht. Jedoch, so wissen wir, glückliche Schweine sind feine Schweine. Und somit macht es durchaus Sinn, dass es klagt, das Schwein, sollte es denn unzufrieden sein.
Gegen die Tierschutzanwalt-Initiative spricht sich der ganze Bundesrat aus. Ebenfalls dagegen ist die CVP. Das ‚C’ für christlich hört wohl bei den Tieren auf, schimpft der Schweizer Tierschutz. Die FDP lehnt die Initiative ab, die BDP ruft ein Nein in die Runde, die SVP ebenfalls. Letztere stellt klar, dass sie momentan sowieso keinen Rappen irgendwohin investieren wolle. Die jüngst vergangene Kampagne zum Wohle des Schweizer Heimatschutzes hat die Portokasse mehr als gesprengt. Zudem, erklärt die SVP, sind unsre Tiere zufriedene Tiere und seit sie wissen, dass sie nicht durch hinterhältige und gefährliche Minarette vor ihren Ställen bedroht werden, brauchen sie gar keinen Anwalt, basta! Anders die Sozialdemokraten und die Grünen, sie stimmen ein Ja zum Tieranwalt, wie auch die EVP. Das ‚E’ für evangelisch ist vielleicht doch etwas katholischer als das ‚C’ der Christen... Item.
Der Kanton Zürich hat seit 1992 einen Tieranwalt. Den ersten der Welt. Und den einzigen. Als gesetzlicher Vertreter der geschädigten Tiere hat er in Strafverfahren volle Akteneinsicht zu jedem Verfahren aus tierschutzrechtlicher Sicht. Zugunsten des Tieres selbstverständlich, präzisiert er. Es sind nicht nur Schweine, die in Zürich Hilfe brauchen. In der Bahnhofstrasse treffen wir auf Chihuahuas. Diese ferngesteuerten, auf dünnen Hundsbeinchen zittrig stehenden Zwerghamsterchen. Die mit wattierten Gucci-Mäntelchen in Prada-Bags Gassi getragen werden. Sie wehren sich gegen ihre Frauchen, sie wollen als Hund und nicht als Tasche wahrgenommen werden. Ein gefundenes Fressen für den Tieranwalt. Ja, ja, könnte man meinen, die Zürcher, die haben Probleme. Aber jetzt kommts: Die Bündner wären nämlich genauso froh, einen solchen tierischen Anwalt zu haben. Spätestens seit der Graubünden Ferien-Werbekampagne. Da machen sich in einem Clip zwei echte Steinböcke lustig über einen Mountainbike-Fahrer, wie er sich den Berg hochquält. Roter Kopf – teures Velo, gröhlen sie, Carbon – statt Kondition! Natürlich finden wir das amüsant. Wir alle. Bis auf den Biker. Er hat sich im Clip erkannt, bzw. das Lachen der Böcke. Verfolgt es ihn schliesslich Tag und Nacht. Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen haben ihn in die Arbeitsunfähigkeit getrieben. Eine saftige Klage hat er eingereicht. Gegen Graubünden Ferien. Nein, nein, hat der Direktor dort gerufen, das geht uns nichts an, was der Bock sagt, das ist auf seinem Mist gewachsen und hat die Klage subito an die zwei Steinböcke weitergeleitet. Mit hängenden Köpfen sitzen sie nun da, und ihr könnts mir glauben, sie wären weiss Gott froh, einen Anwalt zu haben...

Dienstag, 19. Januar 2010

Absolution für den Tiger

Zum Narren hätten sie ihn gehalten, sagt Tiger Woods, seine Ehefrau Elin und ihre Zwillingsschwester Josefin. Absolut identisch sähen die beiden aus, nie habe er gewusst, auf welche er trifft, wenn er nach einem anstrengenden Golf-Tag heim gekommen ist. Das sei der ausschlaggebende Grund gewesen, Elin ebenfalls ein wenig zu hintergehen. Der Rest ist Geschichte. Nun aber hat Woods die Chance einer Rehabilitation. Sein guter Freund, der amerikanische US-Präsident Barack Obama, hält ihm die Stange und hat in einem Interview mit dem ‚People Magazine’ seine moralische Unterstützung gesprochen: „Ich glaube daran, dass Tigers Ruf wieder vollständig hergestellt wird. Er hat so viel für seinen Sport und das Ansehen der Amerikaner im Ausland getan, dass man ihm die Eskapaden schnell verzeihen wird. Natürlich muss er seine Fehler einsehen und seine Frau und die Öffentlichkeit um Verzeihung bitten.“ Zu toppen ist dies nur noch mit Papst Benedikts Absolution: „Ich spreche dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes!“ Jedoch auch hier muss der Sünder sein Tun bereuen und die ernste Absicht zur Besserung haben. Das ist selbst einem Tiger klar. Er hat sich daher in eine renommierte Privat-Klinik zur Behandlung von Suchtkrankheiten begeben, um sich von seinem unbändigen Sexdrang kurieren zu lassen. Über zwanzig Krankenschwestern sollen ihm dabei Tag und Nacht zur Seite stehen...

Samstag, 16. Januar 2010

Zweifel an Zweifel?

Ich denk, dass dein gutes Aussehen allein genügt, um als SVP-Kandidat in den Zürcher Stadtrat gewählt zu werden, sag ich zu Karl Zweifel, als er mir ein Päckchen Zweifel-Chips und seine Wahlempfehlung „Kein Zweifel an Zweifel: Zweifel im Stadtrat!“ in die Hand drückt. Klar, antwortet Karl, mein langes, schwarzes Haar, mein unverschämter Charme, mein Charisma, meine Schönheit halt, deswegen werden mich sehr viele Frauen, und vermutlich einige Männer, wählen, gibt er unumwunden zu. Er habe zudem eine verblüffende Ähnlichkeit mit Gilles Tschudi, ergänzt Zweifel stolz. Du meinst diesen Schweizer Schauspieler, der auf fiese Rollen abonniert ist, der gerne böse ist im Schweizer Film und somit schlägst du die Brücke zur SVP, bring ich meine Zweifel an Zweifel. Tschudi mimte den Ospel in Grounding und Ospel ist ein Freund von Blocher, klärt mich Zweifel auf. Und im letzten Tatort spielte Tschudi den Waffenhändler Hutter, Hutter Jasmin gehört zur SVP, somit schliesst sich der Kreis, lacht Karl. Trotzdem, auf meine Schönheit allein darf ich mich nicht verlassen, ich muss auch noch ein paar gute Inhalte bringen, meinen Intellekt beweisen, sinniert er weiter. Verräterinnen, wie Eveline Widmer-Schlumpf eine ist, hätte man im Mittelalter gevierteilt. Ein Abreissen von Körperteilen der Verurteilten, indem Pferde in unterschiedliche Richtungen zerrten, präzisiert Karl, und ich wäre einer der vier Reiter gewesen! Mit zusammengekniffenen Tschudi-Augen schaut er mich an. Ich würde mich doch lieber aufs Aussehen verlassen, rate ich ihm zum Abschied und öffne die Zweifel-Chips. Oh, selbst da wenig Inhalt drin, aber immerhin etwas...

Donnerstag, 14. Januar 2010

Eine Art Wiedergutmachung

Natürlich hat mich das aufgeregt, schimpft Renzo Blumenthal, als er ein paar Würste auf unsren Küchentisch knallt, Ladina war die schönste Frau am Swiss Award, hat ein atemberaubendes Dekolleté gezeigt, nur der "Blick" hing an ihrem Busen und hat die Schlagzeile gebracht: Sieg der Schwerkraft! Es war ja, denk ich mir, auch recht mutig, einen so grossen Ausschnitt und darunter nichts zu tragen... Stolz bin ich auf meine Ladina, schliesslich hat sie zehn Monate lang unsren Sohn mit selbst produzierter Milch getränkt, irgendwann leert sich halt der Beutel, ähnlich dem Euter einer Kuh, erklärt mir Renzo und zeigt sich gleichzeitig freudig überrascht ob seinem scharfsinnigen Vergleich. Und Ladina, frag ich schüchtern, hat sie denn nie über äh, Silikon nachgedacht? Blumenthal winkt ab, auf keinen Fall! Ihr Körper ist, wie er ist, dazu steht sie, antwortet Renzo, sie lässt sich nicht durch Kritik an ihrem Äusseren aus dem Konzept bringen, dazu ist sie viel zu intellektuell. Hätte man geschrieben, sie sei dick, das hätte sie getroffen. So etwas würde sie echt beschäftigen, fährt Renzo weiter. Ich nicke, stimmt, das hat mit Äusserem wirklich nichts zu tun. Und jetzt wurde sie von den Lesern der Schweizer Illustrierten zu drittschönsten Frau des Swiss Awards gewählt, eine Art Wiedergutmachung, gibt sich Renzo versöhnlich, sammelt seine Würste ein und steht auf. Alles Renzo-Bio-Salaminettli, sagt er dazu, Schweinswürstli in Minarettform, die liefere ich gratis an sämtliche Moscheen in der ganzen Schweiz, auch eine Art Wiedergutmachung, du weisst doch, wegen meiner Aussage damals zu der Initiative, zwinkert er mir zu. Schweinefleisch in Moscheen, ruf ich ihm zum Abschied nach, bist du sicher? Jedoch da sind die Würste schon weg...

Dienstag, 5. Januar 2010

Bayerische Morgenandacht

Es begab sich aber zu der Zeit, dass sich im Oberbayerischen Rennertshofen fünfundzwanzig Gläubige zur Silvester-Morgenandacht einfanden. Gott sah es und erkannte, dass die Bayern früher katholischer waren. Jetzt sassen die wenigen still auf ihren Bänken und nickten stumm zu den monotonen Worten ihres Pfarrers. Plötzlich erklangen lautstark himmlische Engelsstimmen von der Orgelempore: ein helles „Halleluja, Hallelujaaaa“ begleitet von einem dunklen „Luja, Lujaaaa“! Gott hörte es auch und dachte, zifix, und das in einer barocken Kirche, wenn unten der Geistliche steht! Der Priester blickte darauf irritiert gen Himmel und wies leise eine Kirchenbesucherin an, die wohl mehr irdischen denn himmlischen Geräusche zu orten. Sie stieg die steile Stiege zur Empore empor und erwischte dort oben ein junges Pärchen in flagranti. Umrahmt von steifen Orgelpfeifen. Liebe deinen Nächsten, doch nicht auf der Orgel-Empore, du Depp, während einer Morgenandacht, raunte Gott vom Himmel herunter. Der junge Mann, ein bayerischer Ordnungshüter, sammelte hastig das Corpus Delicti, seine und ihre Kleider, zusammen und so flohen sie eilends aus dem Gottesgebäude. Das ist unser Dorf-Polizist, schrie die Frau auf der Empore und bekreuzigte sich schnell. Der Pfarrer schloss die Unflätigen tadelnd in seine Predigt ein, bedauerte zutiefst das Fehlverhalten der Ungläubigen und erstattete eine Anzeige wegen Störung der Religionsausübung.
Die Kriminalpolizei Ingolstadt hat jetzt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei einer Verurteilung drohen den zwei Emporkömmlingen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren. Gott schüttelte nur traurig den Kopf, schade drum, zwei leidenschaftliche Gläubige weniger in der katholischen Kirche.