Donnerstag, 24. Januar 2008
Frauentausch
Spätabends im Fernsehen. Frauentausch, die Doku-Soap. Hat das Ziel, uns zu zeigen, dass es wo anders noch viel schlimmer sein kann. In jeder Folge ziehen zwei Frauen aus völlig unterschiedlichen Welten für zehn Tage zu der jeweils anderen, gänzlich unbekannten Familie. Nach Ablauf der Fremdfamilienzeit werden die Frauen bei Nacht und Nebel abgeholt und auf halber Strecke treffen sie aufeinander. Man beschimpft sich kurz, wie mies das jeweils vorgefundene Familienleben ist und fährt dann glücklich heim zu den eigenen. Die wiederum die zurückbekommene Alte herzlichst bei sich aufnehmen, mit dem Wissen, schlimmer kommts immer. Nun, so hab ich mir gedacht, da mach ich doch glatt auch mal mit. Um neue Erfahrungen zu sammeln. Und mit dem Hintergedanken, dass dann meine Lieben mich lieben. Noch mehr als vorher. So wird das Formular ausgefüllt, abgeschickt und kurze Zeit später kommt doch tatsächlich der Bescheid, dass ich dabei bin. Eine andere Welt hätten sie gefunden und es könne losgehen. Treffpunkt Flughafen Zürich-Kloten. Ich steig hinein und fliege nach? Madrid, wow. Hätte ich ein halbes Jahr gewartet, wär ich vermutlich nach L.A. geflogen. Und zu Unsren kommt niemand anderes als Victoria Beckham. Doppelwow. Hätt ich ja nicht gedacht, dass die da auch mitmacht. Nun, mir solls recht sein. Ich flieg also zu David, setz mich an seinen Pool, lasse den Haushalt von den 23 Bediensteten ausführen, die drei Bubenkinder werden von 3 Nannies trainiert, schlürfe an einem coolen Drink, versuche mit meinem Blick im aufgeschlagenen Buch zu bleiben und schweife dauernd nach rechts. Dort wo der David liegt. In einer kleinen Badehose im Liegestuhl neben mir. Yeah! Das glaubt mir jetzt natürlich niemand. Aber ich habs wirklich geschafft, ein paar Seiten weiterzublättern. Victoria liest nicht, sagt David. Ich weiss, antworte ich, ich habs gelesen. Dass sie nicht lesen kann. Ich mach für einen Moment die Augen zu und denke an sie, die es mit den Buchstaben nicht so hat. Wies ihr wohl geht? Ich nehme Davids Handy und rufe kurz mal daheim an. Alles bestens, jauchzt mein Mann. Wir sind grad unterwegs nach Tschappina. Zum Skifahren, japst er. Victoria hat extra ihre Winterausrüstung mitgenommen. So gut! Prada obenrum, Armani unten, Chanel als Ski. Dann merken sie, dass das Ex-Spice Girl mit ihren Nerzmoonboots schlecht in die Gucci-Bindung ihres Chanels hineinkommt. Sie gehen zum Skiverleih. Wow, Irma, siehst du heute toll aus, sagt der Toli vom Skihaus. Ich bin Vicky, sagt sie. Aber hallo, Vicky, du siehst auch nicht grad schlecht aus. Und verpasst ihr ein paar Schuhe. So fahren meine Lieben mit der Victoria den ganzen Tag am Heinzenberg Ski. Unsere besten Freunde schliessen sie grad ins Herz. Spontan wie sie sind. Äusserlichkeiten sind Nebensache. Hauptsache, die inneren Werte stimmen. Gut verpackt in der richtigen Körbchengrösse. Nun, ich habs ja auch nicht schlecht. Und mag ihnen den Winter gönnen. Ich schau glücklich zu David und? Er ist nicht mehr da! Der Liegestuhl ist weg! Der Pool, der Drink! Und ich, ich liege auf unsrem Sofa. Daheim. Der Fernseher flimmert still und friedlich. Vermutlich war ich beim Frauentausch eingeschlafen.
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Freitag, 4. Januar 2008
Morsezeichen: Von Gold- zu Silberküste
Es war ein stilles, wenn nicht gar stummes Abkommen, das wir zwei getroffen haben. Die Silvia und ich. Abends, bevor sie zu Bett ging, das konnte durchaus sehr spät sein, stellte sie sich noch kurz an ihr Stubenfenster drüben in Herrliberg. Schaltete die Beleuchtung ein, aus, ein, aus und morste mir über den Zürichsee hinweg ihr Wohlbefinden. Wenn irgendwann in der Nacht das Lichtlein in kurzen Abständen über unsren Esstisch huschte, sagte mein Mann trocken: Ist für dich. Da stand ich wieder am Fenster, antwortete, so gut ich konnte. Und erfuhr, das darf ich hier ruhig verkünden, als Erste und noch Tage vor der Weltwoche von den Ängsten und Befürchtungen um den geheimen Plan, Christoph abzuwählen. Den besten Bundesrat aller Zeiten hinterhältig aus dem Gremium zu kippen. Unglaublich. Ich zittere jetzt noch, wenn ich daran zurückdenke. Wobei, ich gebs zu, nicht alles gar so deutlich in unsrer Küche zu empfangen war. Von Wähen sprach sie nämlich und einem Geheimkompott. Betty Bossi, kams mir spontan. Blochers haben Ueli zum Znacht und Silvia sucht noch nach einem währschaften Rezept, damit er sich wie bei Muttern fühlt. Ich habe ihr grad sofort zurückgeblinkt: Probiers doch mit einem Bündner Gericht – das kommt immer gut an. Jetzt seh ich das natürlich in einem ganz anderen Licht. Die sassen gar nicht zusammen, um gemütlich miteinander zu speisen, nein, da wurde bereits die inzwischen berühmte Brandrede nach der verlorenen Bundesratswahl gekaut. Silvia sah sich schon auf der Bundeshaustribüne sitzen, die Abwahl ihres Gatten direkt vor Ort mitzuerleben. Das war natürlich bitter. Eine Zeitlang bliebs dann auch sehr dunkel im Wohnzimmer auf Herrliberg. Das beunruhigte mich. Aber gestern hats wieder gefunkt. Glücklich sei sie jetzt. Und erleichtert, den Christoph wieder vermehrt im Haus zu wissen. Sie suche nur noch nach einem sinnvollen Hobby für ihn. Wenn ich eins hätte, soll ich es ihr doch rübermorsen.
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