Dienstag, 8. Dezember 2015

Schlossgespräche: Die Nacht der langen Messer

Tief unten drängt sich der Rhein am Felsen vorbei, die feuchte Kälte klettert langsam hoch und dringt in die alten Gemäuer des Schlosses Rhäzüns ein. Im Innenhof bückt sich Christoph Mörgeli, in einen dicken Wintermantel gehüllt, etwas ungelenk über die Rosenstöcke und klaubt vereinzelte braune, leicht verfaulte Blätter von den Dornen. Seit er nicht mehr seine Zeit im Nationalrat verplempern muss, ist er viel häufiger im Schloss anzutreffen, sehr zur Freude von Silvia, die nie genug Christophs um sich versammelt haben kann, wie sie manchmal scherzt. Mörgeli, ruft Christoph Blocher aus dem Fenster des Herrenzimmers, schau schnell ins Verlies, obs etwas Wasser und Brot braucht und komm danach hoch zu uns, unsre Strategiesitzung fängt jetzt an! Im Zimmer versammelt sind Adrian Amstutz, der Fraktionschef, der diese Tage über sich hinauswächst, wie Blocher freudig festgestellt hat, sämtliche Antworten, die Christoph dem Amstutz aufgeschrieben und dieser der Presse zum Thema Dreier-Ticket Bundesratskandidaten wiedergegeben hat, waren ohne Abweichungen 1:1 zum Originaltext. Das beweist, dass Amstutz nun schon viel besser lesen kann, als noch zu Beginn seiner Zeit als Präsident der Fraktion. Toni Brunner, als Protokollführer der Schlosssitzungen mit Block und Bleistift bewaffnet, läuft zu seiner persönlichen Bestform auf, seit er mit seinen Zeichnungen die wichtigsten Beschlüsse festhalten kann. Die Parteileitung hat seither viel mehr Respekt vor ihm. Konzentriert malt er eine Sonne mit drei aufrechten und zwei leicht geknickten Strahlen. Ein schwörendes SVP-Bundesratssünneli. Roger Köppel zu seiner rechten schüttelt den Kopf. Infantilismus ist die Vorstufe der kompletten Idiotie, raunt er leise seiner Nachbarin Magdalena ins Ohr. Hä, Mister Köppel, wot häv yu, krächzt sie, können wir nicht endlich loslegen, wir brauchen hier gar keinen Beamer!
Die Wahlfreiheit des Parlaments haben wir zum Glück eingeschränkt, beginnt Blocher, möchte ja nicht wissen, wen sie dort oben in Bern als Bundesrat auf die Zettel schreiben würden, am Ende vermutlich gar mich! Die besten Kandidaten wären selbstverständlich meine Magdi oder der Köppel gewesen, referiert Christoph weiter, doch übt euch in Geduld, in vier Jahren ist es so weit. Dieser neue Bundesrat aber ist zweite Wahl und ein Strohmann, er wird von mir täglich instruiert, sonst wäre er natürlich nur ein halber Bundesrat, klärt Blocher lachend auf. Kaum hat Toni das Strichmännchen fertig gezeichnet, muss er es bereits wieder halbieren. Aufpassen müssen wir einzig auf die Sprengkandidaten aus unseren Reihen, warnt Blocher. In diesem Moment tritt Mörgeli mit einem langen Messer ins Herrenzimmer. Germann, Hurter und Brand sind nach wie vor angekettet unten im Verlies, berichtet Mörgeli, einzig fehlt die Widmer Gysel, sie hat sich befreien können und ist auf der Flucht! Blocher wird bleich und lässt sich auf seinen Stuhl sinken. Nicht schon wieder eine Widmer, die ihm Ärger macht!

Dienstag, 1. Dezember 2015

Wo ist sie denn, die gute Fee?

Was für eine Anzeige! Eine Fee gesucht! Mit Herzblut und Freude, so stehts geschrieben, wie gemacht für mich! Denn wir Feen bestehen aus nichts anderem als aus Herzblut. Und Freude. Die gewünschte Fee also soll in ein exklusives Haus bei Luzern entschweben. „Bei“ Luzern ist natürlich nicht „in“ Luzern. Aber, unter uns Feen, über solche Details zwinkern wir locker hinweg, wenn der Rest stimmt, nicht wahr? Ein stilvolles Ambiente zaubern? Sauber sein? Den Blick fürs gewisse Detail haben? Easy. Gehört zum Feen-ABC. Der Arbeitgeber ist cool, kultiviert und dynamisch. Zudem hat er auch einen Rücken. Einen breiten vermutlich. Durchtrainiert. Grrrr. Diesen soll die Fee ihm freihalten. Klar. Feen lieben den Rücken freihalten. Gleichzeitig ein Händchen haben für ...? Na, na, liebe Fee, eine Schelmin, wer an was anderes denkt, das Händchen haben wir bloss für exklusive Garderobe. Sicher doch. Pelzmäntelchen und Lederstiefelchen gehören schliesslich zur Grundausrüstung aller Feen. Die Lackfeen geben gar noch einen drauf und ich bin mir sicher, dass der coole, kultivierte Unternehmer mit ihnen auch darüber dynamisch verhandeln kann. Natürlich sollen administrative Arbeiten nicht zu kurz kommen, immer dann, wenn der Arbeitgeber rückenfrei die Fee zum Diktat auf seinen Schoss bittet. Die Fee darf übrigens gerne dort vor Ort bei Luzern nächtigen, wenn der Herr des Hauses ausser selbigem ist, weil sich dann nämlich seine Tiere einsam fühlen. Der Rottweiler und die Piranhas im Aquarium. Für eine Fee kein Problem, denn eine Fee liebt alle Geschöpfe. Selbst solche scharfe. Und sollte der dynamische und kultivierte Monsieur spontan ins Heim zurückkehren, hat er in seinem Mahagonischrank sicher die eine oder andere Lederpeitsche, um den Rottweiler aus der Fee zu treiben. Und allerspätestens hier bin ich keine Fee mehr und der Job also nichts für mich.