Dienstag, 1. Dezember 2009

Die männlichen Minarette

Ja, aber Julia, sage ich zu der Onken, als sie sich bei uns an einer Teetasse festklammert, 4000 Mails an Frauen verschicken, sie darin auffordern, ein Ja in die Urne zu legen, der Anti-Minarett-Initiative zuzustimmen, da kannst du ja gerade so nur eine Beitrittserklärung der SVP anhängen. Julia Onken nickt stumm. Und jetzt wunderst du dich, dass Gerüchte kursieren, du und der Schlüer, ihr hättet unter der Bettdecke gemeinsame Strategien aufgebaut, red ich weiter. Stimmt, pflichtet mir Onken bei, Minarette sind männliche Machtsymbole und Moscheen sind Männerhäuser, Burkas etwas für unterdrückte Frauen oder sag mir eine, die so ein Ganzkörpertuch freiwillig trägt? Ich denke an meine zugewonnenen Kilos in den letzten Tagen und an mein Spiegelbild von heute morgen, ja, also eine wüsste ich schon. Dann die Türkin mit ihren Einkaufstüten, fährt Julia fort, zwei Meter hinter ihrem Ehemann her laufend, so ein Bild kränkt mich zutiefst, so dass ich am liebsten zu ihr hingehen und rufen würde, hallo, wir sind in einem Land mit Gleichberechtigung von Mann und Frau! Von Mann und Frau, überleg ich kurz, was sagen die Männer, welche zwei Meter hinter ihren Frauen laufen, um diverse Einkaufstaschen von Agent Provocateur, Bally bis hin zu Jimmy Choo ihre Frauen nachtragen müssen? Du siehst den Sinn der Sache nicht, schimpft mich Julia, den Minarett-Baustopp haben wir nun gewonnen. Der nächste Schritt ist das Burka-Verbot, eine totale Verschleierung, das muss verboten werden, zumindest, wenn damit die Ausübung des Berufs behindert, erklärt Julia abschliessend und verlässt unser Haus. Sie habe eben noch ein Date. Vor der Tür wartet der Schlüer. Beide winken mir kurz zu. Velokurier, ruf ich noch fragend hinterher, wenns da den Schleier in die Speichen zieht, ist das eine Behinderung? Aber das hören sie bereits nicht mehr...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen