Freitag, 16. April 2010

Fünfmal am Tag

An der Disziplin hat es mir nie gefehlt, sagt Victoria, als sie mich kürzlich angerufen hat. Mit ihrer Diät – kein Fleisch, keine Kohlenhydrate, zuweilen ein saucenloses Salatblatt und ab und an ein rohes Fischchen – hat sies vom Pummelchen zum Spargelchen geschafft und hält damit ihre Size-Zero-Figur seit Jahren minutiös in Schach. David nennt mich zärtlich Vic-Stick, gesteht sie mir leise. Vickys Welt ist absolut in Ordnung.
Und nun humpelt David ihr tagtäglich mit seinen Krücken hinterher und bettelt: Lass uns mehr Kinder haben, bitte, ich würde so gerne meinen Rücken mit einem weiteren, bunten Namenstattoo bestücken! Also gut, hat sie endlich nachgegeben, aber ich will ein Mädchen! Wie macht man denn ein Mädchen, frag ich etwas unbeholfen nach. Sie lächelt: Eine kleine Karibikreise wirkt Wunder. Die Nanny passt auf die Buben auf. Und sie könne jeden Tag ungestört mit David zusammen sein. Er habe ihr einen kleinen, süssen Ring geschenkt, ein glitzerndes Messringchen, das per Funk laufend die Körpertemperaturdaten an ein externes Handgerät sendet. Und dieses zeigt den Fruchtbarkeitsstatus der Frau an. Ist er sehr hoch, heisst es: ab in die Kiste! Leuchtet dazu Davids neues Piercing rosa, dann wissen wir, es wird ein Mädchen! So easy! Gestresst sei sie höchstens, wenn David bis zu fünfmal am Tag rosa blinkt! Aber dann mache sie einfach ein wenig Yogalosophy – eine Mischung aus Yoga und Astrologie, der jüngste Fitness-Trend aus Hollywood – das helfe ihr, Körper und Geist in Einklang zu bringen. Glücklich derjenige, denk ich mir, der von beidem nicht allzu viel hat, so ist er schneller wieder eins. Du solltest es auch ausprobieren, rät mir Vicky glücklich. Fünfmal am Tag, entgegne ich, ist das nicht die Kampagne mit den Früchten und dem Gemüse für mehr Gesundheit und Wohlbefinden? Kann man davon auch ein Mädchen bekommen? Aber da hat Victoria bereits aufgelegt.

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